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1. Tagung der 10. Synode des Görlitzer Kirchengebietes

12. Juni 1986
Information Nr. 278/86 über die konstituierende 1. Tagung der 10. Provinzialsynode der Evangelischen Kirche des Görlitzer Kirchengebietes

Im Zeitraum vom 6. bis 7. Juni 1986 fand im Haus »Wartburg« in Görlitz, [Bezirk] Dresden, die konstituierende 1. Tagung der 10. Provinzialsynode der Evangelischen Kirche des Görlitzer Kirchengebietes statt, an der 68 von insgesamt 78 gewählten und berufenen Synodalen teilnahmen.

Ausländische ökumenische Gäste sowie Vertreter westlicher Massenmedien waren nicht anwesend.

Der Gesamtverlauf der Synode wurde wesentlich beeinflusst durch das politisch realistische Auftreten Bischof Rogges.1 Die Synode bekräftigte die auf der 3. ordentlichen Tagung der 6. Synode der Evangelischen Kirche der Union (EKU) – Bereich DDR – getroffenen realistischen Aussagen zu aktuellen Fragen der Friedenserhaltung und der Abrüstung (siehe Information des MfS Nr. 263/86 vom 6. Juni 1986) und verabschiedete einen diesbezüglichen Beschluss.

Auf der konstituierenden 1. Tagung der 10. Provinzialsynode wurden gewählt:

  • 1.

    Präsidium der 10. Provinzialsynode

    • als Präses Milker, Rolf/Görlitz2 (bereits Präses der 9. Legislaturperiode)

    • als Vize-Präses Böer, Andreas/Reichenbach,3 Kreis Görlitz; Dieck, Dagmar/Kromlau,4 Kreis Weißwasser

    • als Schriftführer Juergensohn, Thomas/Hoyerswerda;5 Skoddow, Reinhard/Hoyerswerda;6 Deutschmann, Bernd/Görlitz;7 Moderegger, Udo/Görlitz8

  • 2.

    synodale Mitglieder der Kirchenleitung

    Edi_nachAufz_0-0_0-5Einz/Böer, Andreas/Reichenbach, Kreis Görlitz; Tzschoppe, Günter/Groß-Krauscha,9 Kreis Görlitz; Dr. Sauer, Manfred/Hosena,10 Kreis Senftenberg; Pfarrer Baier, Wilfried/Markersdorf,11 Kreis Görlitz; Pastorin Salinger, Renate/Zittau12 (Mitglied des Vorstandes der KKL); Pfarrer Müller, Reinhard/Weißwasser13

    (Außer diesen sechs synodalen Mitgliedern gehören der Kirchenleitung des Weiteren von Amts wegen an: Bischof Dr. Rogge, Oberkirchenrat Dr. Winde,14 Oberkirchenrat Völz15 und Präses Milker/alle Görlitz.)

Mit Ausnahme von Pfarrer Baier/Markersdorf (er ist in der Vergangenheit mehrfach mit politisch negativen Äußerungen und Verhaltensweisen in Erscheinung getreten) handelt es sich bei allen anderen in die genannten kirchlichen Gremien gewählten Amtsträgern und kirchlicher Laien um politisch loyale bzw. realistische Kräfte. Da eine Anzahl kirchlicher Laien erstmalig in der Kirchenleitung vertreten ist, ergibt sich im Interesse der Festigung und Vertiefung ihrer genannten Haltung gegenüber dem Staat die Notwendigkeit verstärkter gesamtgesellschaftlicher Einflussnahme auf diesen Personenkreis.

In seinem Bericht wertete Bischof Rogge die 3. ordentliche Tagung der 6. Synode der EKU – Bereich DDR – aus. Er verwies dabei besonders auf die dort erfassten Beschlüsse und erhob die Forderung, sich ihnen anzuschließen. Maßgeblich initiiert durch Bischof Rogge verabschiedete die Synode (bei fünf Stimmenthaltungen) den nachfolgend im Wortlaut genannten Beschluss.

»Die Synode hat in der Berichterstattung über die 3. ordentliche Tagung der 6. Synode der Evangelischen Kirche der Union – Bereich DDR – vom 23. bis 25.5.1986 mit besonderer Aufmerksamkeit die im Bericht des Ratsvorsitzenden enthaltenen Abschnitte zur Verantwortung der Christen für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung gehört. Sie teilt die Feststellung des Ratsvorsitzenden, dass wir unsere biblisch begründete Verantwortung nicht auf Regierungen abdelegieren können. Die Katastrophe im Kernkraftwerk Tschernobyl16 und die damit verbundenen Umstände sind auch der Synode ein »Alarmsignal« und ein bedrängender Anlass, darauf hinzuweisen, dass die nukleare Epoche ein neues politisches Denken und eine neue Politik erfordert. Wir fordern unsere Gemeinden auf, im Gebet um den Frieden in der Welt nicht nachzulassen und alle Schritte zu unterstützen, die der Stabilisierung von Frieden und Gerechtigkeit dienen und der Bewahrung der bedrohten Schöpfung förderlich sein können.«

Der Tätigkeitsbericht des synodalen Friedensausschusses,17 vorgetragen von Pfarrer Müller/Weißwasser, enthielt keine politisch negativen Aussagen. Er informierte über bisherige Aktivitäten dieses Ausschusses, die in einem sogenannten Katalog für kleine Schritte zu solchen Inhalten wie »Frieden mit sich selbst«, »Frieden in der Familie« und »Frieden mit den Nachbarn« zusammengefasst sind. In der sich anschließenden kurzen Diskussion – die Mehrzahl der Synodalen betrachteten die Synode als »Formsache« und verfolgten ihren Verlauf zum Teil desinteressiert – erklärte u. a. Kirchenrat Norbert/Gersdorf,18 Kreis Görlitz, dass man nicht nach neuen Vorschlägen zur Erhaltung des Friedens suchen, sondern die »brauchbaren Vorschläge« der UdSSR beachten und mittragen sollte.19

Der Bericht des »Friedensausschusses« sowie die behandelten innerkirchlichen Probleme wurden zwecks weiterer Erörterung an die Synodalausschüsse verwiesen und sollen auf nachfolgenden Synodaltagungen erneut zur Sprache kommen.

Die Information ist wegen Quellengefährdung nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt!

  1. Zum nächsten Dokument Provokation an der Berliner Mauer durch einen US-Bürger (4)

    17. Juni 1986
    Information Nr. 288/86 über erneute provokatorische Aktivitäten des Bürgers der USA, Runnings, John, gegen die Staatsgrenze der DDR

  2. Zum vorherigen Dokument Probleme im VEB Chemiefaserkombinat Schwarza

    12. Juni 1986
    Information Nr. 252/86 über Probleme im VEB Chemiefaserkombinat Schwarza, die vom ehemaligen Leiter der HA Polyestergranulat-Herstellung, [Name 1], aufgeworfen werden