Aktivitäten in BRD und Westberlin zum 25. Mauerjubiläum
4. August 1986
Information Nr. 363/86 über Aktivitäten feindlicher Kräfte der BRD und Westberlins im Zusammenhang mit dem 25. Jahrestag der Errichtung des antifaschistischen Schutzwalls
Nach dem MfS vorliegenden internen und offiziellen Informationen bereiten feindliche Kräfte der BRD und Westberlins anlässlich des 25. Jahrestages der Errichtung des antifaschistischen Schutzwalls1 eine große Anzahl gegen die DDR gerichteter provokatorischer Aktivitäten in Form von Hetzkundgebungen und -demonstrationen, Fackelzügen, Kranzniederlegungen, Flugblattaktionen, Foren, Ausstellungen usw. vor. Dabei treten insbesondere rechtsgerichtete und revanchistische Kräfte, sogenannte Menschenrechtsorganisationen und andere Feindorganisationen als Organisatoren auf, deren Aktivitäten von Bonner Regierungskreisen und dem Westberliner Senat geduldet bzw. gefördert und unterstützt werden. Führende Bonner Politiker und führende Vertreter des Westberliner Senats sowie Vertreter der USA (Vizepräsident der USA, Bush,2 der USA-Botschafter in der BRD, Burt,3 und der USA-Gesandte in Westberlin, John Kornblum)4 haben die Absicht, sich an den Hetzveranstaltungen zu beteiligen bzw. dort auch als Redner aufzutreten.
Aus der Vielzahl der geplanten und vorbereiteten Aktivitäten wird nachfolgend auf solche mit besonders provokativem Charakter hingewiesen:
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Bildung einer sogenannten Menschenkette in Westberlin am Abend des 9. August 1986 unmittelbar an der Grenzmauer auf einem ca. 20 km langen Abschnitt, organisiert von der »Arbeitsgemeinschaft 13. August«5 und unterstützt von anderen feindlichen Organisationen und Kräften. Die Teilnehmer sollen sich anschließend zu einer Hetzkundgebung vor dem ehemaligen Reichstagsgebäude zusammenfinden, an der auch antisozialistische Kräfte, Renegaten und Verräter teilnehmen werden;
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Hetzkundgebung und -demonstration mit Kranzniederlegung in Westberlin am 13. August 1986;
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zentrale »Gedenkveranstaltung« am 13. August 1986 mit dem Regierenden Bürgermeister von Westberlin, Diepgen,6 dem Bundeskanzler der BRD, Kohl,7 dem Vorsitzenden der SPD, Brandt,8 und anderen;
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weitere zum Teil als »Kampfdemonstrationen« und »Mahnwachen« deklarierte Hetzdemonstration von Feindorganisationen unmittelbar an der Staatsgrenze und an Grenzübergangsstellen der DDR zu Westberlin;
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Provokation der »Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte e.V.«9 vor der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn am 12. und 13. August 1986, bei der Teilnehmer mit 75 großen schwarzen Holzkreuzen Aufstellung nehmen und anschließend »Mahnwachen« – nachts durch Fackeln beleuchtet –, abgehalten werden sollen;
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Aufbau einer Gefängniszelle in Westberlin an der Gedächtniskirche im Rahmen dort stattfindender Hetzveranstaltungen;
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demonstrativ-provokatorisches Auftreten von feindlichen Einzelpersonen an den Grenzsicherungsanlagen der DDR und an Grenzübergangsstellen der DDR, gegebenenfalls auch Einreise in die Hauptstadt der DDR, Berlin;
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Durchführung einer Hetzflugblattaktion, auch unter Verwendung von Ballons, die in Westberlin in Nähe der Staatsgrenze der DDR aufgelassen werden sollen.
Die Bonner CDU und »Junge Union«10 beabsichtigen, ca. 3 000 bis 6 000 ihrer Mitglieder zur Teilnahme an Hetzveranstaltungen anlässlich des 13. August nach Westberlin »zu delegieren«. Die Anreise soll u. a. mit Kraftfahrzeugen über die Transitwege der DDR (Straße) erfolgen.
Es wird vorgeschlagen, dass das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten auf der Grundlage beiliegender Entwürfe bei der Regierung der BRD und beim Senat von Berlin (West) gegen die vorbereiteten bzw. beabsichtigten Provokationen protestiert und wirksame Maßnahmen zu ihrer Unterbindung fordert.
Anlage 1 zur Information Nr. 363/86
Entwurf für einen Protest des MfAA gegenüber der Regierung der BRD
Das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR sieht sich veranlasst, auf beabsichtigte Provokationen der einschlägig bekannten sogenannten Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte aufmerksam zu machen.
Aus vorliegenden Erkenntnissen geht hervor, dass die sogenannte IGfM in Fortsetzung ihrer gegen die DDR gerichteten provokativen Handlungen beabsichtigt, am 12. und 13. August 1986 in Bonn an der Ständigen Vertretung der DDR durch demonstrative Handlungen die Maßnahmen der DDR zum Schutz und zur Sicherung ihrer Staatsgrenze zu verleumden und zu diskriminieren. Zur Untermauerung ihrer provokativen Absicht sollen sogenannte Mahnwachen aufgestellt und dem Aufputschen der Öffentlichkeit dienende Symbole verwendet werden.
Als Organisatoren der beabsichtigten Provokation sollen die als Neonazis, Menschenhändler, Kriminelle und andere zweifelhafte Persönlichkeiten in Erscheinung getretenen führenden Mitglieder der sogenannten Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte wie Iwan Agrusow, Dr. Reinhard Gnauck, Dr. Wulf Rothenbächer, [Vorname Name 1] und Volker Weyers wirksam werden.
Es ist offensichtlich, dass diese beabsichtigten Provokationen einen massierten Angriff gegen die DDR darstellen sollen und gleichzeitig geeignet sind, die Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten zu belasten und zu stören sowie die ordnungsmäßige Tätigkeit der Ständigen Vertretung der DDR zu behindern.
Das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR protestiert gegen die fortgesetzten Machenschaften der sogenannten IGfM und fordert mit Nachdruck von der Regierung der BRD wirksame Maßnahmen zur Unterbindung dieser und künftiger Provokationen der sogenannten IGfM.
Anlage 2 zur Information Nr. 363/86
Entwurf eines Protestes des MfAA der DDR beim Senat von Berlin (West)
Den zuständigen Organen der DDR liegen Erkenntnisse darüber vor, dass die hinlänglich bekannten subversiven Organisationen Arbeitsgemeinschaft 13. August und Internationale Gesellschaft für Menschenrechte anlässlich des Jahrestages der Maßnahmen zum Schutz und zur Sicherung der Staatsgrenze der DDR Provokationen und gefährliche Angriffe gegen die DDR vorbereiten.
In diesem Zusammenhang ist unter anderem beabsichtigt,
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Grenzsicherungskräfte der DDR zu provozieren sowie durch demonstrative Auftritte und Hetzkundgebungen den reibungslosen Reiseverkehr an den Grenzübergangsstellen zu beeinträchtigen,
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Gasballons mit verleumderischen Flugschriften und Losungen in Richtung Hauptstadt der DDR aufsteigen zu lassen,
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die Einwohner Westberlins aufzuwiegeln, eine sogenannte Menschenkette entlang der Staatsgrenze der DDR zu bilden,
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unter Missbrauch des Reiseverkehrs Personen in die Hauptstadt der DDR mit dem Ziel des Durchführens demonstrativer Handlungen einzuschleusen.
Zur Organisierung der geplanten Provokationen wirken dabei die einschlägig bekannten Rainer Hildebrandt, Horst Schumm, Dieter und Petra Dombrowski mit solchen kriminellen Menschenhändlern und terroristischen Gewalttätern wie Wolfgang Quasner, [Vorname Name 2], [Vorname Name 3],11 [Vorname Name 4], Hans-Jürgen Oeter, Hartmut Richter, Uwe-Karsten Günnel und anderen zusammen.
Die DDR sieht zwischen den beabsichtigten Provokationen, dem schweren Anschlag auf die Staatsgrenze der DDR am 28. Juli 1986 und den Machenschaften weiterer Kräfte, deren ausschließliches Interesse auf die Belastung und Störung der Beziehungen zwischen der DDR und Berlin (West) gerichtet ist, einen unmittelbaren Zusammenhang.
Die DDR fordert mit Nachdruck, dass der Senat von Berlin (West) im Interesse der Entwicklung gutnachbarlicher Beziehungen geeignete Maßnahmen zur Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit im Bereich der Staatsgrenze zur DDR ergreift, um alle provokatorischen Aktivitäten und Gewalthandlungen gegen die DDR jetzt und künftig wirksam zu unterbinden.