Aktivitäten von Grünen gegen die DDR
20. März 1986
Information Nr. 125/86 über Aktivitäten antikommunistischer Führungskräfte der Partei »Die Grünen« in der BRD gegen die DDR
Nach dem MfS zuverlässig vorliegenden streng internen Hinweisen sind auf sozialismusfeindlichen Grundpositionen stehende Funktionäre der Partei »Die Grünen« in der BRD nach wie vor bestrebt, ihren Einfluss auf die Gesamtpolitik der Grünen gegenüber der DDR und den anderen sozialistischen Staaten durchzusetzen, zu sichern und zu erweitern. In diesem Sinne haben sie im Jahre 1985 und bis in die jüngste Zeit hinein ihre Aktivitäten fortgesetzt, »blockübergreifend«1 oppositionelle, feindlich-negative Elemente in den sozialistischen Staaten zusammenzuführen, zu staatsfeindlichen Handlungen zu inspirieren, sie zu beraten und das gemeinsame Vorgehen zu koordinieren. In diese subversiven Aktivitäten werden zunehmend antisozialistische Emigranten und weitere gegnerische Kräfte aus nichtsozialistischen Staaten einbezogen, darunter solche Feinde wie die ehemaligen DDR-Bürger Fuchs2 und Jahn.3
Vorliegende Erkenntnisse lassen darauf schließen, dass besonders im Zusammenhang mit der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung des XI. Parteitages der SED,4 den Volkswahlen,5 dem Expertentreffen der KSZE-Teilnehmerstaaten zu Fragen menschlicher Kontakte im April 1986 in Bern und der KSZE-Folgekonferenz im November 1986 in Wien mit weitergehenden Versuchen subversiver Einflussnahme durch die genannten Kräfte der Grünen zu rechnen ist.6
Mit der Aufhebung des zeitweiligen Versagens der Einreise in die DDR für Mitglieder der Bundestagsfraktion der Grünen ab September 19847 war eine unmittelbare zielgerichtete Reisetätigkeit vor allem von antikommunistischen Kräften der Grünen, darunter Petra Kelly,8 Gert Bastian,9 Ulrich Fischer,10 Gabriele Potthast,11 Heinz Suhr,12 zu hinlänglich bekannten feindlich-negativen Kräften in der DDR sowie zu kirchenleitenden Kräften und Gremien besonders der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg verbunden.
(Nach vorliegenden Hinweisen reisten im Jahre 1985 insgesamt 15 Bundestagsabgeordnete und andere führende Funktionäre der Grünen – eingeschlossen Gert Bastian – 42-mal, zum Teil gemeinsam, in die DDR ein.)
Im Ergebnis dessen wurden vor allem bestehende Kontakte zu Exponenten politischer Untergrundtätigkeit weiter gefestigt, sodass gegenwärtig zu einer Reihe dieser Feinde, darunter zu Bärbel Bohley13 und Martin Böttger,14 stabile Verbindungen und Informationslinien bestehen. Die Mehrzahl der mit Einreisen in die DDR verbundenen Treffen fand in Privatwohnungen mit ausgewählten feindlich-negativen Kräften unter strengster Beachtung der Konspiration statt. Dabei wurden von den eingereisten Personen unter Missbrauch ihres Status als Bundestagsabgeordnete und der in diesem Zusammenhang gewährten Zollkontrollbefreiung Hetzmaterialien (Hetzblätter und Schriften antisozialistischen Inhalts u. a. gegen die Interessen der DDR gerichtete Materialien, Protokolle über Tagungen von Spalter-Kräften in der westlichen Friedensbewegung usw.), technische und elektronische Vervielfältigungs- und Wiedergabegeräte sowie Laborgeräte für sogenannte Umweltuntersuchungen in der DDR eingeführt und an DDR-Bürger übergeben.
Nach dem MfS weiter vorliegenden Erkenntnissen bestehen die Hauptinhalte der mit der Einreisetätigkeit der genannten Bundestagsabgeordneten der Grünen verbundenen Treffen mit feindlich-negativen Kräften in der DDR darin:
- –
Schaffung einer ideologischen, personellen und organisatorischen Basis für oppositionelle Bewegungen, einer sogenannten inneren Opposition in der DDR und deren Zusammenführen im Sinne einer »blockübergreifenden grünen Bewegung« mit gleichartigen Gruppierungen in anderen sozialistischen und nichtsozialistischen Staaten,
- –
Profilierung und Aufwertung – einschließlich des öffentlichen »Hochspielens« – bestimmter feindlicher Elemente im Innern der DDR zu »Führungskräften« oppositioneller bzw. alternativer Bewegungen im Sozialismus,
- –
Initiierung zur – teils gemeinsamen – Ausarbeitung und Veröffentlichung von Pamphleten, sogenannten offenen Briefen (z. B. Brief zum UNO-Jahr der Jugend 1985)15, einschließlich der Publizierung derartiger Machwerke in westlichen Massenmedien sowie auf internationalen Foren mit dem Ziel der Diskreditierung der DDR,
- –
Inspirierung feindlich-negativer Kräfte zu öffentlichkeitswirksamen provokatorisch-demonstrativen Aktionen/Aktivitäten, deren gemeinsame Organisierung und Durchführung.
Im Vordergrund der ideologischen Ausrichtung/Orientierung der auf antisozialistischen Grundpositionen beharrenden Führungskräfte der Grünen stehen Bestrebungen,
- –
die »Verwirklichung« der Menschenrechte in der DDR und in anderen sozialistischen Ländern zum immer unmittelbareren und mitbestimmenden Bestandteil des gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichteten Wirkens sogenannter unabhängiger Friedensbewegungen zu machen, auf dieser Basis die bestehenden oppositionellen Kräfte in den sozialistischen Staaten zu einer einheitlichen, »osteuropäischen« Bewegung zusammenzuführen und in eine »blockübergreifende« Friedens- und Menschenrechtsbewegung zu integrieren,
- –
die Internationalisierung der sogenannten grünen Bewegung unter Einbindung von »Ökologie-« und weiteren »alternativen« Gruppen voranzubringen sowie
- –
die sogenannte deutsche Frage und deren Lösung im Sinne einer Wiedervereinigung oder Konföderation auf der Grundlage eines Friedensvertrages im Rahmen einer »neuen europäischen Friedensordnung« verstärkt in den Mittelpunkt »gemeinsamer Friedensarbeit« zu stellen.
Hinsichtlich realisierter und bekannt gewordener geplanter subversiver Vorhaben vorgenannter Führungskräfte der Grünen sind bedeutsam:
- –
Die im Ergebnis der Treffen mit Bastian, Kelly und Suhr im Dezember 1985 mit hinlänglich bekannten Exponenten politischer Untergrundtätigkeit (u. a. Werner Fischer,16 Bärbel Bohley) von letzteren bekundete Absicht, in der DDR eine »nationale Menschenrechtsgruppe« aufzubauen. Diese »Menschenrechtsgruppe« solle alle Hinweise über die von der DDR gegen »Friedensaktivisten« verfügten Repressivmaßnahmen (u. a. Aus- und Einreisesperrmaßnahmen) sammeln und dem von antikommunistischen Kräften der Grünen initiierten »Komitee für Freizügigkeit und Zusammenarbeit in Europa« (KFZE – gedacht als repräsentatives Gremium prominenter Politiker und Persönlichkeiten zur Koordinierung west- und osteuropäischer »Friedens«- und »Alternativbewegungen«) übergeben.17
- –
Die provokatorisch-demonstrative »blockübergreifende deutsch-deutsche« Aktion im Zusammenhang mit dem 40. Jahrestag der Befreiung des deutschen Volkes vom Faschismus (Übergabe von »Petitionen« durch Kräfte der Grünen an die Botschaft der UdSSR in der BRD und durch feindlich-negative DDR-Bürger an die Botschaft der USA in der DDR). In die Vorbereitung und Durchführung gliederten sich vor allem Bastian und Kelly ein.18
- –
Die Vorbereitung eines (verhinderten) Treffens von Vertretern der Grünen, der »Charta 77«,19 von »Solidarność«,20 Oppositionellen aus der Ungarischen VR und Exponenten politischer Untergrundtätigkeit aus der DDR im Jahre 1985 in der ČSSR, an dessen Vorbereitung Bastian, Kelly und Potthast wesentlich beteiligt waren.
Ziel dieses Treffens sollte es sein, einen sogenannten Koordinierungs- und Abstimmungsausschuss zum Zwecke der »Internationalisierung« und Zusammenführung der genannten feindlich-negativen Gruppierungen in den sozialistischen Staaten zu bilden.
- –
Die aktive Einbeziehung feindlich-negativer Elemente aus der DDR in die Vorbereitung des 4. Konvents von Spalter-Kräften der westeuropäischen Friedensbewegung im Juli 1985 in Amsterdam/Holland (Erarbeitung und Übergabe von »Positionspapieren der DDR-Friedensbewegung«), die erpresserischen Versuche gegenüber der Regierung der DDR, deren unmittelbare Teilnahme zu erzwingen sowie die Verlesung genannter Positionspapiere auf dem Konvent.21
- –
Die Vorbereitung eines für April/Mai 1986 in der Ungarischen Volksrepublik geplanten Treffens von »Umweltgruppen« aus den sozialistischen Staaten durch Suhr.
- –
Die aktive Vorbereitung des vom 16. bis 18. Mai 1986 in Mailand/Italien stattfindenden Forums der Feindgruppierung »Europäisches Netzwerk für den Ost-West-Dialog« zum Thema »Die Vereinbarung von Helsinki – eine Illusion oder eine Hoffnung für Europa«. Eine »Stellungnahme« von Exponenten politischer Untergrundtätigkeit zu einem auf dem Forum zu diskutierenden (beschließenden) »Memorandum« wurde durch Einbeziehung von Kräften der Grünen bereits in die BRD verbracht.22
- –
Die Initiativen gegenüber der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, die im Sinne einer sogenannten staatlich unabhängigen Friedens- und Menschenrechtsbewegung agierenden Kräfte stärker zu unterstützen.
Dem MfS liegen darüber hinaus Hinweise über weitere beabsichtigte Vorhaben der Grünen im Zusammenwirken mit feindlich-negativen Kräften der DDR vor, so u. a. hinsichtlich der inhaltlichen Vorbereitung der von Spalter-Kräften organisierten »5. Konferenz für europäische atomare Abrüstung« im Juni 1986 in Paris/Frankreich23 und der Organisation von Treffen »deutsch-deutschen Charakters« von »Friedens-« und »Ökologiekreisen«.
Alle bisherigen Versuche, Führungskräfte der Grünen im Zusammenhang mit deren Einreisen in die DDR zum Einhalten der Rechtsvorschriften zu veranlassen und der diesbezüglichen Erwartungshaltung der Regierung der DDR zu entsprechen – dazu zählen das bekannte Schreiben des Generalsekretärs des ZK der SED, Genossen Erich Honecker,24 vom September 1984,25 die wiederholten Hinweise von Mitarbeitern der Ständigen Vertretung der DDR in der BRD bei Beantragung von Visa für Einreisen sowie die ständigen mündlichen Aufforderungen der zuständigen Organe der DDR bei der Grenzpassage –, wurden besonders von den antikommunistischen Kräften der Grünen in grober Weise negiert und unterlaufen. Ihr tatsächliches Auftreten und Handeln stand im Gegensatz zu ihren verbalen Beteuerungen, die Gesetze der DDR zu respektieren.
Mit dem Ziel der vorbeugenden Verhinderung des politischen Missbrauchs der durch die zuständigen Organe der DDR für Mitglieder der Bundestagsfraktion der Grünen in der BRD geschaffenen großzügigen Möglichkeiten des Aufenthaltes in der DDR sollte geprüft werden, im Sinne der aktiven Dialogpolitik der Partei handelnde gesellschaftliche Kräfte in der DDR verstärkt zu nutzen für die Einflussnahme auf Funktionäre der Partei »Die Grünen« im Interesse der Stärkung der Positionen realistischer Führungskräfte und der Zurückdrängung antikommunistischer Funktionäre und von ihnen ausgehender subversiver Aktivitäten.
Solchen Führungskräften der Grünen, die in der Vergangenheit wiederholt die Gesetze der DDR verletzt haben, sollte durch den Leiter der Ständigen Vertretung der DDR in der BRD erneut und zwingender die diesbezügliche Erwartungshaltung der Regierung der DDR nahegelegt werden.
Die zuständigen Organe der DDR sollten auch künftig mit Nachdruck einreisende Personen dieser Kategorie darauf hinweisen, alle gegen die Rechtsordnung der DDR gerichteten Handlungen zu unterlassen.
Zur gezielten Unterstützung des Differenzierungsprozesses innerhalb der Führungskräfte der Grünen und zur Verunsicherung antisozialistischer Kräfte unter ihnen sollte in Abhängigkeit von der konkreten politischen Situation in Erwägung gezogen werden zu prüfen, bei Vorliegen konkreter Verdachtshinweise auf subversive Handlungen gegen die DDR (u. a. Einschleusung politischer Schriften und von Materialien, die den Interessen der DDR widersprechen/Teilnahme an bedeutenden Treffen/Zusammenkünften von Exponenten politischer Untergrundtätigkeit) zu einzelnen Personen punktuelle Entscheidungen über eine zeitlich befristete Nichtgewährung der Einreise zu treffen.
Zur wirksameren Einschränkung des Zusammenwirkens antikommunistischer Führungskräfte der Grünen mit feindlich-negativen Kräften in der DDR sollte gegenüber letzteren bei Vorliegen des Verdachts strafbarer Handlungen differenziert die gesamte Breite des sozialistischen Rechts (strafrechtliche, ordnungsrechtliche, zollrechtliche Maßnahmen bis hin zum Versagen der Ausreisegenehmigung in andere Staaten usw.) zur Anwendung gebracht werden. Entsprechende Entscheidungsvorschläge würden nach Erfordernis gesondert vorgelegt werden.
Die Information ist wegen Quellengefährdung nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt.