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Ausweisung eines Syrers aus Westberlin

12. Dezember 1986
Information Nr. 560/86 über die Ausweisung eines syrischen Bürgers aus Westberlin durch die westlichen Besatzungsmächte – über die Grenzkontrollstelle Heerstraße

Am 11.12.1986, 16.24 Uhr, erschien auf der Westberliner Grenzkontrollstelle Heerstraße (Gegenkontrollstelle zur Grenzübergangsstelle Staaken) ein Fahrzeug der Westberliner Polizei, besetzt mit zwei Westberliner Polizisten und einer männlichen Zivilperson mit angelegten Handschellen sowie ein weiterer Pkw, besetzt mit zwei Zivilisten.

Nachdem der Zivilperson die Handschellen abgenommen worden waren, wurde ihr durch die sie begleitenden Westberliner Polizisten der Reisepass übergeben und sie in die Fußgängerpassage der Grenzübergangsstelle Staaken verwiesen.

Bei Ankunft auf der Grenzübergangsstelle Staaken wurde festgestellt, dass es sich bei der Person um den syrischen Bürger [Name, Vorname] (49), wohnhaft [Straße, Nr.], Berlin-Pankow/Heinersdorf 1100, Leiter des Büros der syrischen Vertreterfirma ESREB, Sitz in der Hauptstadt der DDR/Internationales Handelszentrum handelt.

Zum Sachverhalt befragt, gab [Name] an, dass er am gleichen Tag gegen 13.00 Uhr mit einem Pkw über die Grenzübergangsstelle Friedrich-/Zimmerstraße nach Westberlin ausreiste, um am Flughafen Tegel seinen Firmenchef und dessen Ehefrau abzuholen.

Überprüfungen ergaben, dass diese Angaben den Tatsachen entsprechen.

Nach Angaben des [Name] verlief sein Aufenthalt in Westberlin wie folgt:

Am »Checkpoint Charlie« sei er nach erfolgter Ausreise durch den Westberliner Zoll zum Halten aufgefordert, der Pkw kontrolliert und ihm sein Reisepass abgenommen worden. Danach seien drei Westberliner Polizisten mit langer Waffe im Anschlag an seinem Fahrzeug erschienen, wobei einer der Polizisten rief: »Hände hoch, Sie sind verhaftet!« Anschließend habe man ihm Handschellen angelegt und ihn in den Dienstraum der Westberliner Polizei gebracht.

Dort habe sich einer der Westberliner Polizisten bei [Name] mit den Worten entschuldigt: »Wir können nichts dafür; die Amerikaner haben das befohlen.«1

Anschließend sei er mit einem Westberliner Polizeifahrzeug ins Westberliner Stadtinnere gefahren worden, wo ihm in einem unbekannten Objekt, offensichtlich in einer Polizeidienststelle, Fingerabdrücke abgenommen und Fotoaufnahmen gefertigt wurden.

Danach habe er einen Ausweisungsbefehl in englischer Sprache (inhaltliche Übersetzung siehe Anlage) erhalten. Während dieser Handlungen seien ständig Vertreter der drei westlichen Besatzungsmächte in Zivil anwesend gewesen.

Durch den Vertreter der US-Besatzer habe man ihm in Englisch mitgeteilt, dass er unerwünscht sei.

Eine Rückkehr zu seinem am »Checkpoint Charlie« abgestellten Pkw wäre ihm kategorisch verweigert worden.

In Anwesenheit des Vertreters der US-Besatzer wären ihm erneut Handschellen angelegt und er durch Angehörige der Westberliner Polizei in einem Polizeifahrzeug zur Grenzkontrollstelle Heerstraße gebracht worden.

Bei der Übergabe seines Reisepasses durch den Vertreter der US-Besatzer an der Staatsgrenze sei ihm mitgeteilt worden: »Diese Linie haben Sie nie wieder zu übertreten.«

Anlage zur Information Nr. 560/86

Inhaltliche Übersetzung des Ausweisungsbefehls

5. Kommandantur der Alliierten in Berlin; Amt für Ausweisung unerwünschter Personen

Ausweisungsbefehl Nr. 49, 27. November 1986, für [Vorname Name], geboren 1937 in Aleppo, Syrien, Pass Nr. [Nummer], an Botschaft der arabischen Republik Syrien, Otto-Grotewohl-Straße2 3, 1080 Berlin.

In Übereinstimmung mit dem Gesetz Nr. 8 der alliierten Kommandantur mit der Verordnung Nr. 13 befiehlt das Amt für Ausweisung unerwünschter Personen, dass Sie aus Groß-Berlin ausgewiesen sind und befiehlt, sich ständig außerhalb aufzuhalten.

Sie sind benachrichtigt, dass Sie sich diesem Aufruf der Behörde innerhalb von sieben Tagen des Datums auf dem Befehl zu fügen haben.

Ungeachtet der Richtigkeit dieses Aufrufes, tritt diese Festlegung unverzüglich in Kraft.

Unterschrift | Unterschrift | Unterschrift

US | Fr | Uk

  1. Zum nächsten Dokument Reaktionen auf Flugzeugabsturz nahe Schönefeld (1)

    16. Dezember 1986
    Erste Hinweise über Reaktionen der Bevölkerung der DDR auf den Absturz eines Passagierflugzeuges der Fluggesellschaft Aeroflot bei Berlin-Schönefeld am 12. Dezember 1986 [O/170a]

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    11. Dezember 1986
    Information Nr. 558/86 über die Entwicklung der Einnahmen aus der Durchführung des verbindlichen Mindestumtausches für die Zeit vom 1. Dezember 1986 bis 7. Dezember 1986