Brand in einem Kinderheim in Berlin-Friedrichsfelde
17. Dezember 1986
Information Nr. 570/86 über die Aufklärung der Ursachen des Brandes im Kinderheim »Fritz Weineck«, Berlin-Friedrichsfelde, Paul-Gesche-Straße 9. am 14. Dezember 1986
Am 14. Dezember 1986, gegen 23.50 Uhr, brach im Flur der 5. Etage des siebengeschossigen Gebäudes des Kinderheimes »Fritz Weineck« in der Paul-Gesche-Straße 9 in Berlin-Friedrichsfelde ein Brand aus, der am 15. Dezember 1986, gegen 0.20 Uhr durch Einsatzkräfte der Feuerwehr gelöscht wurde. Durch diesen Brand kam es zu Zerstörungen und erheblichen Beschädigungen an Einrichtungsgegenständen, an der Beleuchtungseinrichtung sowie am Innenausbau des Flures auf seiner gesamten Ausdehnung von 70 Meter Länge sowie in den angrenzenden Unterkünften und sanitären Einrichtungen.
Zum Zeitpunkt des Brandes befanden sich 170 Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 18 Jahren sowie drei Erzieher im Objekt.
(Bei den Heiminsassen handelt es sich vorwiegend um Kinder und Jugendliche, deren Eltern Rechtsvorschriften der DDR in einem solchen Grade verletzt haben, dass ihnen das Erziehungsrecht für ihre Kinder zeitweilig oder auf Dauer entzogen werden musste.)
Durch sofortige Evakuierungsmaßnahmen trat kein Personenschaden ein. 17 Personen, davon 16 Kinder, wurden unter dem Verdacht einer Rauchgasvergiftung zur medizinischen Betreuung in verschiedenen Einrichtungen des Gesundheitswesens stationär aufgenommen.
Da sich dieser Verdacht nicht bestätigte, erfolgte ihre Entlassung am l5. Dezember 1986 vormittags.
Sie befinden sich wieder im Heim.
Im Verlaufe der im Zusammenwirken mit der Deutschen Volkspolizei geführten Untersuchungen wurde der [Name 1, Vorname] (15), geboren am [Tag, Monat] 1971, wohnhaft Paul-Gesche-Straße 9, Berlin 1136, Maurerlehrling im VEB (K) Modernisierung Berlin, Abschluss 6. Klasse, als Tatverdächtiger ermittelt.
([Name 1] ist auf Beschluss der Jugendhilfe aufgrund von Erziehungsschwierigkeiten im August 1984 in vorgenanntes Kinderheim eingewiesen worden.)
[Name 1] gibt an, den Brand vorsätzlich unter Verwendung mitgeführter Zündhölzer und Seiten eines Schulheftes gelegt zu haben, um seine Mutter, die nach dem Tod seines Vaters eine zweite Ehe einging, zu veranlassen, ihn »aus Angst vor eventuellen Gefahren für sein Leben« aus dem Kinderheim herauszunehmen.
(Die Mutter des [Name 1], [Vorname Name 2] (42), ist Mitarbeiterin in den Berliner Markthallen.)
Es gibt derzeit keinen Hinweis auf eine Mittäterschaft weiterer Personen bzw. auf eventuelle Mitwisser.
Die durch Experten geführten Untersuchungen am Ereignisort sowie zum Geschehensablauf ergaben volle Übereinstimmung mit den von [Name 1] zum Tathergang gemachten Angaben.
Gegen den Tatverdächtigen leitete die Deutsche Volkspolizei zwischenzeitlich ein Ermittlungsverfahren ohne Haft ein.
Im Rahmen der weiteren Untersuchungen erfolgt seine gerichts-psychiatrische Begutachtung, in deren Ergebnis durch die Staatsanwaltschaft Festlegungen getroffen werden, in welche Einrichtung der [Name 1] vorerst eingewiesen wird.