Einleitung 1986
Einleitung 1986
Florian Schikowski
1. Das Jahr 1986: ein historischer Überblick
1986, im Jahr der katastrophalen Havarie im Kernkraftwerk Tschernobyl, erklärte der KPdSU-Generalsekretär und Machthaber im Kreml Michail Gorbatschow in einer Rede: »Der amerikanische Präsident sagte einmal, sollte unserem Planten die Invasion von Außerirdischen drohen, würden die UdSSR und die USA rasch eine gemeinsame Sprache finden. Ist aber eine nukleare Katastrophe denn keine realere Gefahr als die Landung imaginärer Außerirdischer?«1 Überraschend an dieser Aussage ist, dass Gorbatschow diese Worte nicht nach dem Reaktorunglück sprach, sondern bereits auf dem XXVII. KPdSU-Parteitag im Februar 1986 – das »Neue Deutschland« druckte sie auf den Tag genau zwei Monate vor der Explosion des Reaktorblocks Nummer 4 in Tschernobyl. Tatsächlich boten die USA und weitere westliche Länder der Sowjetunion nach der nuklearen Katastrophe von Tschernobyl schnell ihre Hilfe an, um die Folgen der Verstrahlung einzudämmen. Doch die sowjetische Führung schlug diese Angebote öffentlich aus.2
In dieser beinahe bitter-ironisch wirkenden Vorwegnahme der nuklearen Katastrophe und den Reaktionen der USA und der Sowjetunion, als die Quasi-Prophezeiung dann eintrat, spiegeln sich mehrere Umstände, die erklären, warum Tschernobyl bis heute so präsent ist als ultimatives Symbol für »das Atomzeitalter, Industrie- und Umweltkatastrophen, das Ende der Sowjetunion, Verstrahlung, im wörtlichsten Sinne unfassbares Leid, Angst, Behinderungen, Krankheit«.3 Die Havarie geschah in einer Zeit, in der die erneute Zuspitzung des Kalten Krieges seit den frühen 1980er-Jahren dafür sorgte, dass die Zerstörung der menschlichen Zivilisation durch Atomwaffen weltweit als reales Bedrohungsszenario wahrgenommen wurde.4 Gleichzeitig stellte Tschernobyl Gorbatschows Versprechen, mehr Transparenz und Offenheit für die Probleme in der Sowjetunion herstellen zu wollen, auf eine harte Probe: Die sowjetische Führung schreckte im Angesicht des Unglücks davor zurück, die Menschen in der Sowjetunion und die Weltgemeinschaft angemessen zu informieren und untergrub damit die eigene Reformagenda.
Für die DDR war 1986 das Jahr, in dem die SED ihren 40. Geburtstag beging,5 und das Jahr, in dem die Sowjetunion wieder viel stärker in den Fokus von Gesellschaft und SED rückte, als das in den Jahren und Jahrzehnten zuvor der Fall war. Zwar waren über die gesamte Existenz der DDR die sowjetischen Truppen im Land präsent, Millionen Menschen organisierten sich (in der Regel nicht besonders engagiert) in der »Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft« und die herrschende SED bekräftigte unablässig ihr unverbrüchliches Bündnis mit der KPdSU, die den Herrschaftsanspruch der SED in der DDR stützte. Doch orientierte sich die DDR-Gesellschaft immer an den Entwicklungen im Westen, vor allem an der Bundesrepublik. Die SED unter Honecker setzte seit den frühen 1970er-Jahren darauf, ihre Herrschaft über die internationale – in erster Linie westliche – Anerkennung der DDR zu stärken. Im Zuge dieser Bestrebungen duldete die Partei seit den 1970er-Jahren auch stillschweigend den Konsum westdeutscher Fernseh- und Radiosendungen.6 Im gleichen Zeitraum nahmen auch die privaten und offiziellen Kontakte nach Westen zu.7 Die Sowjetunion blieb zwar der »große Bruder« der DDR, aber vor allem seit den Jahren des Stillstandes unter Breschnew8 nach der gewaltsamen Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 erwartete niemand politische oder gesellschaftliche Impulse aus Moskau. Doch im Jahr 1986 drehte sich das ins Gegenteil. Die Reaktorkatastrophe im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl schockte Ende April 1986 die Welt und untergrub endgültig den Glauben an den technologischen Fortschritt der Sowjetunion. Das mangelhafte Krisenmanagement und die Versuche, den Unfall und dessen Auswirkungen zu vertuschen, schadeten dem Ansehen der KPdSU sowohl in der Sowjetunion als auch im Ausland und warfen früh einen Schatten auf Gorbatschows »Glasnost«-Politik, die für mehr Transparenz in Politik, Wirtschaft und Verwaltung sorgen sollte. Aber gleichzeitig trat 1986 auch die Reformagenda des im Jahr zuvor ins Amt gekommenen KPdSU-Generalsekretärs Michail Gorbatschow, die den Ostblock nachhaltig erschüttern sollte, richtig zutage. Denn es verdichteten sich in diesen Monaten die Hinweise, dass es der im Vergleich zu seinen Vorgängern junge Machthaber im Kreml – zumindest auf dem Feld der Abrüstungsverhandlungen mit den USA – ernst meinte mit seinen Reformen. Neben Gorbatschows Reformeifer wirkte das SED-Politbüro um Erich Honecker, der inzwischen bereits 15 Jahre im Amt war, schlagartig noch altersstarrsinniger und verkrusteter. Sowohl die SED-Parteielite als auch die Bevölkerung der DDR wandten in dieser Phase den Blick nach Osten gen Moskau: Die einen skeptisch, ob Moskaus »neues Denken« nicht die Autorität der sozialistischen Herrschaft und die Stabilität der DDR untergraben könnte, die anderen erwartungsfroh. Denn wenn selbst der »große Bruder« für mehr Offenheit in den politischen Diskussionen, für Abrüstung und eine Entspannung der Blockkonfrontation und für mehr Eigeninitiative und wirtschaftliche Reformen eintrat, konnte das ja nur ein hoffnungsvolles Zeichen für gesellschaftliche Veränderungen in der DDR sein. Dass Gorbatschow später die Breschnew-Doktrin aufkündigen würde und damit unabsichtlich die Voraussetzung für den Zusammenbruch des sogenannten Ostblocks, die Revolution in der DDR und die deutsche Wiedervereinigung schaffen würde, ahnte 1986 jedoch noch niemand.
Was in der Nacht vom 25. auf den 26. April 1986 im sowjetischen Kernkraftwerk Tschernobyl passierte, schockierte nicht nur die Sowjetunion und deren verbündete Staaten wie die DDR. Der »Größte Anzunehmende Unfall« (GAU) setzte in der Ukrainischen Sowjetrepublik eine riesige Menge radioaktiver Strahlung frei, die sich in den folgenden Tagen, Wochen und Monaten über der nördlichen Hemisphäre verteilte. Kurzfristig sorgte die größte Katastrophe in der Geschichte der zivilen Nutzung der Atomenergie unter anderem dafür, dass – vermutlich einmalig in der Geschichte der DDR – ein Überangebot in der Lebensmittelversorgung in der DDR zum Problem wurde.9 Aus Sorge vor radioaktiver Verseuchung mieden westliche Abnehmer von DDR-Exporten frische Lebensmittel wie Milch oder Blattgemüse, die nun im DDR-Handel landeten.10 Trotz der östlichen Vertuschungsstrategie verbreiteten sich die Sorgen vor möglicherweise verseuchten Lebensmitteln auch in der DDR. Jenseits der unmittelbaren Auswirkungen der radioaktiven Strahlung hatte der Unfall auch immense politische Folgen. Während die Explosion des Reaktorblocks Fragen nach der Sicherheit sowjetischer Atomanlagen aufwarf, waren es vor allem die Kommunikationspolitik und das Krisenmanagement der sowjetischen Führung, die das Vertrauen in die Sowjetmacht erschütterten. So begann die Evakuierung der Umgebung des Atomkraftwerks erst mit einiger Verzögerung. Dabei wurde der Evakuierungsradius zeitlich verzögert mehrmals ausgeweitet. Die Menschen, die ihr Zuhause verlassen mussten, wurden im Unklaren über den Unfall und die Gefahren gelassen, sodass sie glaubten, bald zurückkehren zu können. Aus medizinischer Sicht viel zu spät verteilten die Behörden Jod-Präparate, die die Anreicherung von strahlendem Jod aus dem explodierten Kraftwerk in der Schilddrüse verhindern sollten.11 Das Krisenmanagement vor Ort betraf rund sieben Millionen Menschen, die in der Region um das Kernkraftwerk Tschernobyl lebten, von denen bis zu 350 000 Menschen unmittelbar umgesiedelt wurden. Die Informationspolitik der sowjetischen Stellen betraf dagegen faktisch große Teile Europas und schürte Zweifel an der Aufrichtigkeit von Gorbatschows »Glasnost«-Versprechen. Dass die sowjetischen Stellen das Unglück erst öffentlich machten, nachdem in Skandinavien bereits erhöhte Strahlenwerte gemessen worden waren, passte so gar nicht zum Anspruch Gorbatschows, mehr Offenheit und Transparenz in der offiziellen Kommunikation im Land zuzulassen. Selbst die verbündete DDR erfuhr erst durch eine Anfrage aus Schweden zwei Tage nach dem Unglück an das Amt für Atomsicherheit und Strahlenschutz, das dem Ministerrat unterstellt war, von der sich ausbreitenden radioaktiven Strahlung in Nordosteuropa.12
Einige Wochen vor dem Reaktorunglück verfolgte die DDR-Gesellschaft noch aufmerksam den XXVII. Parteitag der KPdSU vom 25. Februar bis zum 6. März in Moskau und kurz darauf den XI. Parteitag der SED vom 17. bis zum 21. April in Ostberlin. Niemand konnte zu diesem Zeitpunkt ahnen, dass es sich um den letzten regulären Parteitag der SED und den vorletzten der KPdSU handeln würde. Der folgende Parteitag der SED war bereits ein im Angesicht der Revolution eilig einberufener Sonderparteitag im Dezember 1989. Er fand schon nicht mehr im Palast der Republik, sondern in der Dynamo-Sporthalle in Berlin-Hohenschönhausen statt. Wenige Tage zuvor war das Politbüro und das ZK der SED geschlossen zurückgetreten, der »Demokratische Block« löste sich auf und Gregor Gysi wurde zum neuen Vorsitzenden der Partei gewählt, die sich auf dem Parteitag in SED-PDS umbenannte.13 Im Frühjahr 1986 – zum 40. Geburtstag der SED, die 1946 aus der Zwangsvereinigung der SPD mit der KPD in der sowjetischen Besatzungszone hervorgegangen war – war das noch eine unvorstellbare Entwicklung. Stattdessen achteten die Beobachterinnen und Beobachter 1986 ganz genau auf die beiden Parteitage der Schwester-Parteien und stellten Vergleiche an. Grundsätzlich gab die KPdSU traditionell die Richtung vor, während die kommunistischen Parteien in den übrigen Staaten des »Ostblocks« folgten. Das lud dazu ein, die beiden Parteitage von KPdSU und SED vergleichend im Detail zu verfolgen und auf mögliche Unterschiede und Misstöne zu achten. Dass eine SED-Delegation unter Generalsekretär Erich Honecker am Parteitag in Moskau teilnahm und im Gegenzug Michail Gorbatschow zum SED-Parteitag nach Berlin kam, verstärkte noch den vergleichenden Blick auf die beiden Parteiveranstaltungen.
Das überragende Interesse galt dabei dem Reformprogramm Gorbatschows. Als er 1985 ins Amt kam, war es vor allem sein vergleichsweise junges Alter und seine offene, zugewandte Ausstrahlung, die Hoffnungen auf eine neue Politik schürten.14 Seitdem zog zwar ein »neuer Stil« im Kreml ein, aber bis 1986 meinten die meisten westlichen Beobachterinnen und Beobachter, dass »weitreichende Veränderungen im politischen und ökonomischen System oder in der Außenpolitik der Sowjetunion« nicht zu erwarten seien.15 Auch das erste direkte Treffen zwischen US-Präsident Reagan und Gorbatschow in Genf im November 1985 verlief zwar harmonisch, blieb jedoch ohne jegliche Annäherung bei der Frage nach einer Abrüstungsvereinbarung zwischen den Supermächten des Kalten Krieges.16 Doch zum Jahresbeginn 1986 veröffentlichte Gorbatschow konkrete Abrüstungsvorschläge, die die Vision einer atomwaffenfreien Welt skizzierten. Einher gingen diese Vorschläge mit der Ankündigung, vorerst auf Atomwaffentests zu verzichten.17 In den folgenden Monaten erneuerte und konkretisierte Gorbatschow mehrfach – unter anderem beim KPdSU-Parteitag – seine Abrüstungsideen, sodass die Öffentlichkeit in Ost und West zu hoffen begann, dass es sich dabei nicht allein um eine taktische Rhetorik im Systemwettstreit des Kalten Krieges handelte. So wurde über das Jahr 1986 hinweg offensichtlich, dass Gorbatschow beim Militär ernsthaft Ressourcen einsparen wollte, um damit seine wirtschafts- und innenpolitischen Reformvorhaben in der Sowjetunion vorantreiben zu können.18
Die Bewertungen des KPdSU-Parteitags gingen in dieser Hinsicht auseinander: Auf der einen Seite wirkte die Veranstaltung insgesamt genauso verstaubt und steif choreografiert wie die Parteitage zuvor. Von Gorbatschows frischer und (für einen KPdSU-Chef) unkonventioneller Art war nicht viel zu spüren.19 Bei der genaueren Analyse der Vorbereitung, Abläufe und Inhalte des Parteitages offenbarten sich jedoch deutliche Veränderungen. Nachdem unter Breschnew über Jahrzehnte die »Stabilität der Kader« eine zentrale Maxime der Parteiherrschaft darstellte,20 nahm Gorbatschow den Parteitag zum Anlass, um einige gezielte personelle Umbauten in der Führungsriege der Partei vorzunehmen. So ersetzte er etwa den Moskauer Parteichef Viktor Grischin durch den Reformer Boris Jelzin und holte diesen dann noch als Kandidaten ins Politbüro. Darüber hinaus täuschte die konservative Form seines Vortrages über die neuen inhaltlichen Akzente des Berichts des KPdSU-Generalsekretärs hinweg: Mit teilweise drastischen Formulierungen ging Gorbatschow voran, mehr Transparenz (»Glasnost«) für Probleme im Land herzustellen und von den Verantwortlichen einzufordern. Er halte es für die Pflicht der Funktionäre, »mit der Partei und dem Volk ehrlich und offen von unseren Versäumnissen in der politischen und praktischen Tätigkeit, von den ungünstigen Tendenzen in der Wirtschaft und im sozialgeistigen Bereich sowie von den Ursachen solcher Erscheinen zu sprechen«,21 erklärte Gorbatschow. Er kritisierte beispielsweise die »kleinliche Bevormundung«22 von Betrieben durch Ministerien und den überbordenden bürokratischen »Papierkrieg«23 und sprach aus, dass es unter Funktionären »allerlei korrupte Elemente und Raffer, die es sich nicht nehmen lassen, ihr Amt zum eigenen Vorteil zu missbrauchen«24, gebe. In seiner Ansprache offenbarte sich bereits die ganze Widersprüchlichkeit von Gorbatschows-Reformagenda: Er hatte erkannt, dass das streng hierarchische gesellschaftliche Modell der Sowjetunion nur reformiert werden konnte, wenn es Raum für Eigeninitiative zuließ. Dafür war eine öffentliche Fehlerkultur die Voraussetzung. Gorbatschow versuchte nun also autoritär von der Spitze der Partei herab vorzuschreiben, dass die Menschen, Betriebe und Funktionäre im Land ihr Schicksal stärker in die eigenen Hände nehmen sollten, um das Land effizienter zu machen. Dafür geißelte er exemplarisch einige Institutionen öffentlich. Diese »dunkle Seite der Perestroika«, die auf den autoritären Charakter der sowjetischen Herrschaft auch unter dem später im Westen verehrten Gorbatschow verweist, zeigte sich auch in Gorbatschows personellen »Säuberungen« innerhalb der Partei.25
Die SED brachte Gorbatschows Reform-Rhetorik in ein Dilemma: Auf der einen Seite fühlte sie sich nach wie vor verpflichtet, ihre ungebrochene Treue zu Moskau zu demonstrieren und weiterhin der Parole zu folgen, wonach von Moskau lernen siegen lernen bedeutete. Auf der anderen Seite teilte sie – abgesehen vom Interesse daran, ebenfalls ökonomische Ressourcen aus dem Rüstungswettlauf freimachen zu können – keineswegs die Reformagenda des neuen sowjetischen Machthabers. Vielmehr fürchtete die SED-Führung, mit dem Eingeständnis eigener Fehler und einem Kurswechsel die eigene Autorität zu untergraben. Außerdem glaubte Honecker selbst fest daran, mit seiner Politik der »Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik« ein erfolgreiches Konzept zu verfolgen, das auch für die reformbedürftige Sowjetunion vorbildhaft sein könnte.26 Obwohl sich sowohl Gorbatschow als auch die SED-Redner auf dem XI. SED-Parteitag um Harmonie und Geschlossenheit bemühten, blieb den aufmerksamen Beobachterinnen und Beobachtern nicht verborgen, dass die SED dem sowjetischen Reform-Programm nicht folgte und stattdessen ein unbeirrtes Weiter-So verkündete. Der Parteitag im Palast der Republik war ein Sinnbild des Stillstands und der Realitätsferne der Machthaber: Während im Land die ökonomischen Probleme, Versorgungsmängel und der Reform- und Investitionsstau unübersehbar waren,27 beweihräucherte sich die Partei in althergebrachter Manier.
Hinter den Kulissen spitzte sich derweil über das Jahr 1986 ein Konflikt zwischen Ostberlin und Moskau immer weiter zu. Die SED-Führung war trotz ihres Misstrauens gegenüber den Reformen in Moskau politisch auf die KPdSU angewiesen. Honecker wünschte sich weiterhin, die DDR, die SED-Herrschaft und nicht zuletzt seine eigene Position durch westliche Anerkennung international aufzuwerten. In seiner Vorstellung war ein Staatsbesuch in der Bundesrepublik dafür das passende Werkzeug. So sollte eine Delegationsreise der DDR-Volkskammer unter Führung des Volkskammerpräsidenten Horst Sindermann im Februar 1986 nach Bonn einen möglichen Honecker-Besuch am Rhein vorbereiten.28 Eine solche Reise bedurfte jedoch der Zustimmung aus Moskau. Auf DDR-Seite ging man zu diesem Zeitpunkt fest davon aus, dass der Staatsratsvorsitzende noch im selben Jahr nach Bonn fahren könnte. Aber die sowjetische Führung sah die Annäherung zwischen den beiden deutschen Staaten kritisch. Stattdessen wünschte man sich im Kreml engere eigene Beziehungen zur Bundesrepublik – die DDR war hier so etwas wie ein Konkurrent um lukrative Wirtschaftsbeziehungen zur größten Volkswirtschaft Mitteleuropas. Außerdem blickte die sowjetische Führung grundsätzlich skeptisch auf mögliche deutsch-deutsche Annäherungen.29 Der Bonn-Besuch Honeckers wurde erst möglich, nachdem die Sowjetunion im Zuge ihres Reformprojektes den Staaten des sogenannten Ostblocks faktisch freie Hand für je eigene politische und ökonomische Entwicklungen ließ. Das passierte beim RGW-Treffen im November 1986: Die Sowjetunion »verzichtete […] ausdrücklich auf die sowjetische Führungsposition und die damit verbundene Verantwortung« und »billigte den Verbündeten zudem ›Wahlfreiheit‹ bei der Formulierung ihrer Politik zu«.30 Faktisch nahm diese Entwicklung das Ende der Breschnew-Doktrin – wonach die Sowjetunion im Zweifel auch militärisch intervenieren würde, wenn ein Warschauer-Pakt-Staat den Moskauer Pfad zu verlassen drohte – vorweg. Damit konnte Honecker seinen Staatsbesuch in Bonn erst ab Ende des Jahres 1986 planen und im September 1987 verwirklichen.31
Das MfS registrierte genau, wie die Menschen in der DDR auf die Parteitage von KPdSU und SED blickten und fertigte Berichte über die Bevölkerungsreaktionen auf die Parteiveranstaltungen.32 Doch verblieben diese Stimmungsberichte aus der Bevölkerung im MfS und gingen nicht an die Staats- und Parteiführung hinaus, wie es für die O-Ablage üblich war.33 Für die politische Einschätzung der Parteitage sah sich allein die Partei zuständig, sie verlangte dabei keine Hilfe vom MfS.
2. Ausgewählte Themenfelder der Berichte
2.1 Dauerthema der 1980er-Jahre: die Kirchen und die unabhängige Gruppenszene
Wie über die gesamten 1980er-Jahre war die evangelische Kirche auch 1986 ein ganz zentrales Themengebiet der ZAIG-Berichterstattung an die Staats- und Parteiführung. Martin Stief betonte, dass die ZAIG-Berichterstattung zur evangelischen Kirche vor allem als »permanent fortgeschriebene Reihe gesehen werden [sollte], deren Wert sich für die damals involvierten Einrichtungen sowie für die historische Forschung aus der Gesamtschau des Informationsaufkommens aller beteiligten Institutionen ergibt«.34 Das heißt, es ist vor allem die Summe der Einzelberichte, etwa über die Tagungen der Synoden auf Ebene der Landeskirchen und der BEK, die für das MfS und die zuständigen Stellen in Partei und Staat interessant war: Diese betrachteten die Entwicklungen in den evangelischen Kirchen als so wichtig, dass es hier gar keiner besonderen Ereignisse bzw. Anlässe bedurfte für eine Berichterstattung, sondern stattdessen ein konstantes Auf-dem-Laufenden-Halten über Entwicklungen gefragt war. Spätestens seit dem Spitzentreffen von SED-Chef Erich Honecker mit der Kirchenleitung im März 1978, das den Status quo als »Kirche im Sozialismus« manifestierte,35 hatte die Kirchenpolitik für die SED-Führung einen hohen Stellenwert, sodass sogar Honecker persönlich drei der insgesamt 21 ZAIG-Informationen zur evangelischen Kirche im Jahr 1986 erhielt.36 Die Kirchenpolitik war in der DDR der 1980er-Jahre ein komplexes Feld, auf dem das MfS und die SED teilweise sich widersprechende Ziele verfolgten. Die Politik Honeckers bestand darin, die potenziellen Konfliktfelder zwischen Staat und Kirche zumindest oberflächlich zu befrieden, um seinen Weg der internationalen Anerkennung der DDR nicht zu gefährden. Doch boten kirchliche Stellen den unabhängigen Friedens-, Umwelt-, »Dritte-Welt«-, Menschenrechts- und Frauengruppen, die aus MfS-Sicht die Keimzellen für eine mögliche Opposition gegen die SED-Herrschaft darstellten, Betätigungsmöglichkeiten.37 Die evangelische Kirche mit ihrer dezentralen Organisation, eigenen Bildungseinrichtungen und demokratischen Strukturen mit gewählten Synoden stellte in der DDR die einzige größere gesellschaftliche Organisation dar, die relativ autonom von staatlichen Instanzen agieren konnte. Darüber hinaus machte ihre Struktur die Kirche zu einer pluralen Organisation, in der das gesamte gesellschaftliche Spektrum von Oppositionellen bis hin zu SED-nahen Akteurinnen und Akteuren wirken konnte.
Das MfS blickte vor allem aus der Sicherheitsperspektive auf die Kirchenpolitik und versuchte das Wirken der »politisch alternativen Gruppen«38 unter dem Dach der Kirche einzudämmen. Dafür sollten staatliche Stellen auf die Kirchenvertreterinnen und -vertreter, die in verantwortlicher Position an guten Beziehungen zum SED-Staat interessiert waren, einwirken und sie in die Pflicht nehmen. Die ZAIG-Berichterstattung lieferte den staatlichen Stellen und der Parteiführung das nötige Expertenwissen für diese Einflussnahme: Welche Themen werden wie kontrovers in den Kirchen diskutiert? Wo verlaufen die Konfliktlinien? Wer sind die potenziellen Verbündeten und wer die Gegner der staatlichen Interessen? Da beim Thema der politisch alternativen Gruppen sicherheitsrelevante Fragen im Zentrum standen, reklamierte das MfS hier für sich, explizite Handlungsempfehlungen an die zuständigen Stellen in Partei- und Staatsapparat in die ZAIG-Berichte aufzunehmen.39 Die Informationsgrundlage für die Kirchenberichte der ZAIG lieferte (mindestens teilweise) die kirchenpolitische Abteilung des MfS (HA XX/4), die wiederum aus den jeweiligen Bezirksverwaltungen mit Informationen versorgt wurde.
Insgesamt befasste sich die ZAIG 1986 in 41 Informationen mit den Kirchen in der DDR. Zieht man die MfS-intern verbliebenen Berichte der K- und O-Reihen ab, dann machen die Kirchen damit ca. ein Fünftel des Informationsaufkommens aus. Wenn man dazu noch die periodisch verfassten statistischen Standard-Berichtsreihen zum Reiseaufkommen aus der Bundesrepublik und Westberlin sowie zu den Devisen-Einnahmen über den Geldumtausch von Einreisenden herausrechnet, dann ergeben die Kirchenberichte im Jahr 1986 fast ein Drittel des Informationsaufkommens (41 von 129). Darin enthalten sind 21 Berichte zu den Gremiensitzungen der evangelischen Kirchen und der evangelisch-methodistischen Kirche, neun Informationen zur katholischen Kirche und zehn Informationen über die Aktivitäten der politisch alternativen Szene unter dem Dach der Kirche. Dazu kommt eine Information über die Reaktion von Religionsvertretern auf die »Volkswahlen« im Juni 1986.40 Ganz ähnlich wie bereits im Jahr 1985 widmete sich die ZAIG-Berichterstattung 1986 neben den periodisch tagenden Kirchengremien vor allem den politisch alternativen Aktivitäten im kirchlichen Umfeld, die eine überregionale Vernetzung der Basisgruppenszene anstrebten. Das waren in erster Linie das 1986 bereits zum vierten Mal stattfindende Friedensseminar »Frieden konkret«,41 das überregionale Treffen von Umweltgruppen im Kirchlichen Forschungsheim Wittenberg,42 die jährlich stattfindende große »Friedenswerkstatt« in der Ostberliner Erlöserkirche,43 das mobile Friedensseminar des Friedenskreises Vipperow sowie die Mecklenburgische Friedenswanderung44 und Aktivitäten im Rahmen der Friedensdekade.45 Durch die jährlichen Wiederauflagen dieser Aktivitäten über die 1980er-Jahre, die dann mit ZAIG-Berichten abgedeckt wurden, erhielten auch diese Berichte so beinahe den bereits beschriebenen Charakter einer »permanent fortgeschriebenen Reihe«.
Die politisch alternative Szene in der DDR befand sich in der Mitte der 1980er-Jahre in einer Umbruchphase. Das Scheitern der blockübergreifenden Friedensbewegung Ende 1983, die Stationierung neuer Mittelstreckenraketen in Europa im Rahmen des NATO-Doppelbeschlusses zu verhindern, sorgte in Kombination mit den Konflikten der Gruppen mit den Kirchengremien in der DDR und weiteren gesellschaftlichen Veränderungen zu thematischen Verschiebungen: Das Friedensthema verlor an Bedeutung, während Umwelt- und Menschenrechtsfragen aufgewertet wurden. Dazu begannen in Ostberlin einige führende Gruppenvertreterinnen und -vertreter damit, organisatorische Wege jenseits der Kirche zu suchen. Im Winter 1985/86 gründete sich als Reaktion auf ein von der Kirchenleitung im Auftrag der Staatsmacht verhindertes Menschenrechtsseminar, das eigentlich im November 1985 hätte stattfinden sollen, die Initiative Frieden und Menschenrechte (IFM), die zu einer der wichtigsten oppositionellen Gruppen in der späten DDR wurde und eine der Keimzellen der Bürgerrechtsbewegung im Umbruch 1989/90 werden sollte. Das MfS beobachtete die Gründung genau und versuchte, zersetzend auf die Gruppe einzuwirken.46 Doch in der Berichterstattung der ZAIG an die Staats- und Parteiführung 1986 kommt die Gruppe – obwohl ihre Gründung eine neue Qualität der Arbeit der alternativen Gruppenszene in der DDR darstellte – nur sehr knapp vor: Explizit erwähnt wird sie allein im Kontext der Berichterstattung zu »Frieden konkret IV«, wo laut ZAIG-Bericht »konzentriert […] Exponenten politischer Untergrundtätigkeit […] massive Angriffe gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung in der DDR im Zusammenhang mit der von ihnen inspirierten sogenannten Initiative Frieden und Menschenrechte« vortrugen.47 Darüber hinaus spielen die ZAIG-Berichte aus 1986 nur mittelbar auf die Gruppe an, entweder durch die Nennung von IFM-Mitgliedern in verschiedenen Kontexten, durch die Erwähnung der von der IFM produzierten Samisdat-Publikation »grenzfall« im Bericht zur Ostberliner Friedenswerkstatt48 oder mit dem Appell zum UNO-Jahr des Friedens, den die drei Gründungssprecher der IFM (Wolfgang Templin, Ralf Hirsch und Peter Grimm) gemeinsam mit dem Pfarrer Rainer Eppelmann im Januar 1986 veröffentlichten.49
Womöglich liegt der Grund für die Zurückhaltung bei der Berichterstattung zur IFM im Jahr 1986 darin, dass sich die ZAIG auf diese neue Gruppe erst einstellen musste. Es stellte sich nämlich für die Stasi die Frage, inwieweit das Wirken der neuen Gruppierung, die sich explizit als kirchenunabhängig betrachtete, weiter zum Themenkomplex der Kirchenberichterstattung gehörte. Die Kirchenberichterstattung der ZAIG diente in erster Linie dazu, die kirchenpolitischen Institutionen in Partei und Staatsapparat mit den nötigen Informationen zu versorgen, um gegebenenfalls gegenüber führenden Kirchenvertretern auf die Eindämmung bestimmter Aktivitäten und die Disziplinierung beteiligter Akteure zu einzuwirken. In der Folge taucht die IFM 1986 nur auf, wenn ihre Aktivitäten – wie bei »Frieden konkret« oder der Friedenswerkstatt – unmittelbar kirchenpolitische Fragen betrafen oder – wie im Fall des Appells – mediale Aufmerksamkeit im Westen erzeugten.50 Ein erster, vorläufiger Blick auf die noch nicht edierten Berichte des Jahres 1987 deutet einen Trend an: Die Bedeutung der Aktivitäten der IFM scheint im Jahr 1987 zuzunehmen. Dabei gingen die Berichte, die sich explizit mit der IFM auseinandersetzten, weiterhin an die für Kirchenpolitik zuständigen Funktionäre Rudi Bellmann, Werner Jarowinsky und Klaus Gysi. Doch darüber hinaus erhielten im Jahr 1987 mindestens auch Erich Honecker sowie Joachim Herrmann und Egon Krenz Berichte über die IFM. Auch die illegalen Rundfunksendungen des »Schwarzen Kanals«, von denen in zwei ZAIG-Informationen 1986 berichtet wird, sind ein Indikator für die Veränderungen in der Ostberliner Gruppenszene, denn auch hier handelte es sich um eine Initiative jenseits der Kirchen, die auf grenzüberschreitende mediale Aufmerksamkeit für die Anliegen der unabhängigen Gruppenszene abzielte.51
2.2 Die Grenze als ständige Herausforderung für die DDR
Ein weiteres Thema, das die geheime Berichterstattung des MfS an die Staats- und Parteiführung nicht nur 1986, sondern durchgängig beschäftigte, war die Existenz der innerdeutschen Grenze bzw. der Berliner Mauer an der vordersten Front des Kalten Krieges und in diesem Zusammenhang vor allem die Ausreise- und Fluchtproblematik. Das bundesrepublikanische Gesellschaftsmodell und die ökonomische Überlegenheit des Westens forderten die DDR beständig heraus, weil viele der eigenen Bürgerinnen und Bürger selbst Ausgrenzung und Repressionen in der DDR in Kauf nahmen, um einen Ausreiseantrag zu stellen oder gar potenziell lebensgefährliche Fluchtversuche unternahmen.52 Im Jahr 1986, als die DDR feierlich das 25. Jubiläum des »Antifaschistischen Schutzwalls« beging, wie die SED-Propaganda die Mauer zynisch bezeichnete, verließen ca. 26 000 Menschen dauerhaft die DDR, davon ungefähr 20 000 per genehmigtem Ausreiseantrag und die übrigen über gelungene Fluchten oder durch Freikauf aus DDR-Haft.53 Fünf Menschen starben 1986 bei Fluchtversuchen, vier in Berlin und einer an der innerdeutschen Grenze.54 Damit manifestierte sich in der Existenz der militärisch gesicherten Grenzanlagen der diktatorische Charakter der SED-Herrschaft genau wie ihr Legitimitätsdefizit. Gleichzeitig gehören die Grenzen für jeden Staat zum Kern dessen, was den eigenen Herrschaftsbereich definiert. Damit erklärt sich, warum die Themen Grenze, Flucht und Ausreise eine so zentrale Rolle für die SED- und Staatsführung spielten.
Insgesamt lassen sich 54 Berichte, darunter zwei sogenannte K-Berichte, die MfS-intern blieben, dem Themenspektrum Grenze, Ausreise und Flucht zuordnen. Zählt man dann noch die Berichtsreihen zu den Statistiken über den grenzüberschreitenden Verkehr (21 Berichte) und die wöchentliche Berichterstattung über die Deviseneinnahmen aus dem Geldumtausch von Einreisenden (53 Berichte) dazu, kommt man insgesamt auf eine Zahl von 128 Berichten, was gut 54 Prozent des Inlandsberichtsaufkommens der ZAIG im Jahr 1986 ausmacht. 14 Berichte von 1986 behandeln klassische Flucht- und Ausreisefälle, 35 Berichte widmen sich Grenzvorfällen (vor allem an der Mauer in Berlin) und fünf Berichte betreffen Überläufer- und Spionage-Fälle, die mit der unmittelbaren Frontlage der DDR im Kalten Krieg zu tun haben.
Dass konkrete, gelungene und versuchte Fluchten zum Thema in der ZAIG-Berichterstattung an die Staats- und Parteiführung wurden, war Mitte der 1980er-Jahre nicht unbedingt die Regel – die allermeisten Fluchtfälle tauchen in den ZAIG-Berichten nicht auf. Offensichtlich thematisierte die ZAIG nur bestimmte Fluchten, die eine besondere Brisanz aufwiesen. Häufig hatten die berichteten Fluchten und Fluchtversuche in Berlin stattgefunden.55 Darüber hinaus gab die westliche Medienöffentlichkeit regelmäßig den Anstoß zur Berichterstattung. Die ZAIG lieferte hier die Hintergrundinformationen aus DDR-Perspektive, damit Partei und staatliche Stellen angemessen auf westliche Medienberichte reagieren konnten. Außerdem informierte die ZAIG, wenn die Fluchten bzw. Fluchtversuche in irgendeiner Weise die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges oder bundesdeutsche Einrichtungen berührten, etwa wenn DDR-Bürger auf die Gelände der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik56 oder der westlichen Militärverbindungsmissionen57 eindrangen, um ihre Ausreise in den Westen zu erzwingen.
Für das 1986 insgesamt hohe Informationsaufkommen zum Themenkomplex Grenze/Flucht trugen vor allem Grenzvorfälle bei, die nicht im direkten Zusammenhang mit Fluchtfällen standen. In erster Linie ist dabei der damals bereits fast 70-jährige US-amerikanische Friedensaktivist John J. Runnings zu nennen, dessen provokante Protestaktionen gegen die Berliner Mauer die Stasi zu insgesamt neun Informationen im Jahr 1986 veranlassten.58 Über Monate versetzte Runnings, der als »Berlin Wall Walker« bekannt wurde, die DDR-Behörden in Aufruhr, weil er u. a. auf der Mauerkrone in der Mitte Berlins »spazieren« ging, die Mauer mit einem Vorschlaghammer bearbeitete oder zu einer größeren Demonstration entlang der Mauer aufrief.59 Die DDR-Seite versuchte alles, um sich des Problems möglichst unspektakulär zu entledigen und die westliche Medienöffentlichkeit, die Runnings provozierte, im Zaum zu halten. Das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten protestierte mehrfach bei der US-Botschaft, DDR-Grenztruppen nahmen Runnings mehrfach fest, entließen ihn aber sehr bald wieder nach Westberlin und grundsätzlich bemühte man sich um einen unaufgeregten, souveränen Umgang mit dem widerspenstigen Provokateur, der mit seinen Aktionen die Unmenschlichkeit der Mauer in der geteilten Stadt ins Rampenlicht rückte. Erst eine Verurteilung zu 18 Monaten Gefängnis wegen illegalen Grenzübertritts und die Abschiebung nach drei Monaten Haft beendeten seine Aktionen.
Ob Runnings ausgerechnet wegen des 25. »Jubiläums« des Mauerbaus in Berlin seine Aktionen im Jahr 1986 durchführte, ist nicht bekannt, jedoch erreichten seine Aktivitäten um den Jahrestag am 13. August einen Höhepunkt. Insgesamt sorgte der Jahrestag für eine angespannte Stimmung in Berlin. Gut zwei Wochen davor, am 28. Juli 1986, verübten Unbekannte einen nächtlichen Sprengstoffanschlag von Westberlin aus gegen die Mauer nahe dem Grenzübergang »Checkpoint Charlie«, der ein 1 × 1,5 Meter großes Loch in die Grenzmauer riss und noch im weiteren Umkreis für beschädigte Fenster (besonders am Gebäude des Union-Verlags in Ostberlin) sorgte.60 Darüber hinaus verfasste die ZAIG zwei Berichte über geplante Aktionen und Vorkommnisse in der Bundesrepublik und Westberlin, die im Zusammenhang mit dem Mauerjubiläum standen.61 Außerdem erfuhr eine inszenierte Fluchtgeschichte in Berlin kurz vor dem Jahrestag des Mauerbaus so große Aufmerksamkeit, dass die ZAIG eine Information dazu verfasste: Am 1. August lud die Westberliner Menschenrechtsorganisation Arbeitsgemeinschaft 13. August e.V. zu einer Pressekonferenz, auf der sie die spektakuläre Fluchtgeschichte eines DDR-Bürgers präsentierte. Demnach sei es einem Ostberliner mit westlicher Hilfe gelungen, verkleidet als sowjetischer Offizier in einem umlackierten Lada und in Begleitung von vier ebenfalls als Sowjetoffiziere »verkleideten« Schaufensterpuppen, die Grenzkontrolle an der Invalidenstraße zu überlisten.62 Kurze Zeit später musste die Arbeitsgemeinschaft 13. August einräumen, dass die Geschichte frei erfunden war, um im Vorfeld des 25. Jahrestages des Mauerbaus Aufmerksamkeit zu generieren. Das Fahrzeug und die Schaufensterpuppen waren nur für die westlichen Journalisten in Westberlin inszeniert worden. Die Arbeitsgemeinschaft gab jedoch an, selbst vom Geflüchteten und seinem westlichen Helfer getäuscht worden zu sein.63
Ein dritter Faktor, der den Themenkomplex Mauer und Grenze im Jahr 1986 besonders in den Fokus der ZAIG-Berichterstattung rückte, waren die Nachwehen des Bombenanschlags gegen die bei US-Soldaten beliebte Diskothek »La Belle« am 5. April in Westberlin. Bei dem Terroranschlag kamen drei Menschen ums Leben und mehr als 200 wurden verletzt. Schnell fiel der Verdacht auf den libyschen Geheimdienst, hinter dem Anschlag zu stecken. Die USA und das mit der Sowjetunion verbündete Libyen unter Diktator Muammar al-Gaddafi trugen in dieser Zeit einen längeren Konflikt aus. Was die Westberliner Behörden nur vermuten konnten, wusste das MfS genau: Die Attentäter stammten aus dem Umfeld der libyschen Botschaft in Ostberlin. Die Stasi ließ sie gewähren, obwohl ihr Informationen über mögliche Anschlagspläne vorlagen. Die DDR-Behörden weigerten sich später auch, die westlichen Ermittlungen zum Anschlag zu unterstützen.64 Darum kündigten die Westalliierten nun strengere Maßnahmen zur Grenzsicherung nach Westberlin an. Die DDR-Seite versuchte wiederum Nutzen aus dieser Situation zu ziehen und nahm sie zum Anlass, unter dem Vorwand selbst ebenfalls für mehr Sicherheit im Grenzverkehr sorgen zu wollen, schärfere Grenzkontrollen für Diplomaten nach Ostberlin einzuführen, um damit den eigenen Hoheitsanspruch auf Ostberlin zu unterstreichen. Offiziell stand ganz Berlin seit dem Kriegsende unter gemeinsamer alliierter Verwaltung. Die DDR betrachtete Ostberlin dagegen als ihre Hauptstadt. Ab dem 26. Mai 1986 verlangte die DDR von über die innerstädtischen Grenzübergänge einreisenden Diplomaten das Vorzeigen von Diplomatenpässen.65 Bis dahin hatte ein vom DDR-Außenministerium ausgestellter Sonderausweis genügt. Nach Protesten durch die Westalliierten wurden die Diplomaten Frankreichs, der USA und Großbritanniens schnell von der neuen Regelung ausgenommen. Bereits nach wenigen Wochen, im Juni 1986, nahmen die DDR-Behörden auf internationalen Druck hin die neue Regelung insgesamt weitestgehend wieder zurück. Zwischen dem 29. Mai und dem 24. Juni 1986 produzierte die ZAIG insgesamt elf Informationen, um die Staats- und Parteiführung kontinuierlich über die Auswirkungen der neuen Einreiseregelung für Diplomaten zu unterrichten.66 Zehn der elf Berichte erhielten sowohl der SED-Generalsekretär Erich Honecker, der Vorsitzende des Ministerrats Willi Stoph, der ZK-Sekretär für Sicherheitsfragen Egon Krenz sowie Außenminister Oskar Fischer. Der KGB in Berlin-Karlshorst erhielt alle elf Berichte.
Im weiteren Sinne gehören auch zwei spektakuläre, aber auch komplexe Fälle von übergelaufenen DDR-Funktionsträgern im Jahr 1986 zum Themengebiet Grenze/Flucht: Ende August 1986 setzte sich der Oberstleutnant der Grenztruppen der DDR Dietmar Mann in den Westen ab und offenbarte dem Bundesnachrichtendienst sein Wissen über das DDR-Grenzregime.67 Nach acht Monaten gelang es dem MfS, Mann von einer freiwilligen Rückkehr in die DDR zu überzeugen. Er erhielt eine neue Identität und eine neue Anstellung in einem Betrieb, blieb jedoch unter strenger Beobachtung durch das MfS und beschäftigte sich bald wieder mit Fluchtgedanken.68
Gleich vier ZAIG-Informationen befassen sich 1986 mit dem Fall des Wirtschaftswissenschaftlers Herbert Meißner.69 Meißner, Stellvertretender Generalsekretär der Akademie der Wissenschaften in Ostberlin, wurde in Westberlin beim Ladendiebstahl erwischt und befragt. Dabei kooperierte er anfänglich mit den westlichen Behörden, sagte sogar beim Bundesnachrichtendienst in Pullach bei München über seine Kontakte zum MfS aus, begab sich dann jedoch in die Ständige Vertretung der DDR in Bonn und erklärte dort öffentlich, von den westlichen Behörden in eine Falle gelockt und dann unter psychischem Druck und dem Einfluss von Medikamenten zur Kooperation gezwungen worden zu sein.70
1986 war auch das Jahr, in dem die innerdeutsche Grenze bzw. die Berliner Mauer für viele Menschen in der DDR, die familiäre Beziehungen in die Bundesrepublik bzw. Westberlin hatten, ein wenig durchlässiger wurde. Seit 1982 gab es bereits einen in einer Anordnung zum Reiseverkehr offiziell festgelegten Katalog von Anlässen, zu denen Besuchsreisen in den Westen genehmigt wurden. Dazu gehörten Eheschließungen, runde Geburtstage, Sterbefälle, aber auch Erstkommunionen oder Konfirmationen von nahen Verwandten im westlichen Ausland.71 Nun, ab dem 1. Februar 1986, behandelten die DDR-Behörden Anträge auf Besuchsreisen ins nichtsozialistische Ausland aus dringenden Familienangelegenheiten und humanitären Gründen etwas flexibler, indem sie den Katalog für Besuchsgründe leicht erweiterten. So galten beispielsweise nun auch Stiefmütter und -väter als enge Angehörige und 50. Geburtstage und alle Geburtstage ab dem 70. (zuvor runde Geburtstage ab dem 60.) sowie Einschulungen waren nun Anlässe, um Besuchsreisen genehmigen zu können.72 Diese Lockerung sollte jedoch ausdrücklich geheim bleiben und nur den für die Genehmigung der Reisen zuständigen Stellen zugeleitet werden. Hier spiegelte sich die gesamte Ambivalenz der Besuchsreisen-Regelungen: Auf der einen Seite sah sich die DDR-Führung in den 1980er-Jahren unter westlichem Druck gezwungen, menschliche Erleichterungen für die eigene Bevölkerung zuzulassen. Der Wunsch nach internationaler Anerkennung und Normalisierung und die Abhängigkeit von westlichen Wirtschaftshilfen spätestens seit den von Franz Josef Strauß vermittelten Milliarden-Krediten aus der Bundesrepublik 1983/84 setzten die SED-Führung unter Druck.73 Auf der anderen Seite untergruben die vielen Reisen von DDR-Bürgerinnen und -Bürgern in die Bundesrepublik die DDR-Propaganda-Narrative von der eigenen Überlegenheit und der Krisenhaftigkeit des Kapitalismus im Westen. Denn die Rückkehrer von Besuchsreisen berichteten Freunden und Bekannten in der DDR von den Freiheiten im Westen, von der sozialen Situation in der Bundesrepublik, von der Versorgungslage und der ökonomischen und politischen Stabilität. Selbst an der Parteibasis trugen die neuen Reiseregelungen zur Erosion der Macht der SED bei, indem einfache Parteimitglieder ohne Westverwandtschaft und Geheimnisträger sich zunehmend benachteiligt fühlten, weil sie selbst weiterhin nicht reisen durften.74 Darüber hinaus bedeuteten mehr Westreisen grundsätzlich eine erhöhte Fluchtgefahr. In diese Ambivalenz passt auch das Interview, das der SED-Generalsekretär Erich Honecker im Januar 1986 der bundesdeutschen Wochenzeitung »Die Zeit« gab und das auch im »Neuen Deutschland« abgedruckt wurde. Es trug wesentlich dazu bei, dass die eigentlich geheime Lockerung der Besuchsreiseregelung doch in der DDR-Bevölkerung bekannt wurde. Honecker nutzte derartige Medienauftritte im Westen, um sich als offener und umsichtiger Staatsmann und die DDR als souveränen Staat zu präsentieren. Dabei antwortete er auf eine Frage zu den Besuchsreisen in den Westen: »Bei den Besuchen in dringenden Familienangelegenheiten gibt es selbstverständlich Fortschritte. Hemmnisse gibt es immer in einem Staatswesen. Wir sind nicht ohne Bürokratie und auch die BRD nicht. Ich möchte das aber nicht auf die Bürokratie schieben. Es ist überhaupt keine Frage, dass man in dringenden Familienangelegenheiten reisen kann.«75 Die ZAIG hielt daraufhin in einem Stimmungsbericht fest: »Breiten Raum nahmen in Auswertung des Interviews Diskussionen zum Reiseverkehr in nichtsozialistische Staaten ein.«76 Demnach hätten Honeckers Äußerungen Fragen aufgeworfen, ob »demnächst alle Bürger der DDR aus familiären Gründen in die BRD reisen dürfen«, ob neue offizielle Regelungen veröffentlicht würden und wie die Befugnisse der Volkspolizei bei der Genehmigung der Reisen dann aussehen würden.77 Außerdem sorgte das Interview für Spekulationen, inwiefern in absehbarer Zeit noch weitreichendere Regelungen geplant seien – sehr zum Missfallen von »Leitungskader[n] einiger dem zentralen Staatsapparat nachgeordneter Einrichtungen«, die laut ZAIG ihr Unverständnis zum Ausdruck brachten: »Ihrer Ansicht nach werde die bisherige und gegenwärtige Praxis bei der Genehmigung von Privatreisen auf den Kopf gestellt und sie wüssten nicht mehr, wie sie zu verfahren haben.«78 Die neuen Regelungen sorgten für eine regelrechte Explosion von Besuchsreisen in den Westen. Beliefen sich die Reisezahlen in »dringenden Familienangelegenheiten« zwischen 1982 und 1985 zwischen 110 000 und 139 000 im Jahr, so genehmigten die DDR-Behörden im Jahr 1986 gleich 573 000 und im Jahr darauf 1,3 Millionen Anträge.79 Die ZAIG begleite diese neue Entwicklung, in dem sie im Juni 1986 eine Information »über die Entwicklung der Lage bei Reisen von Bürgern der DDR in dringenden Familienangelegenheiten nach dem nichtsozialistischen Ausland und einige damit im Zusammenhang stehende beachtenswerte Probleme« anfertigte, der sie auch eine Liste beifügte mit von DDR-Bürgerinnen und Bürgern vorgelegten Reiseanliegen, »zu denen keine Anträge entgegengenommen wurden«.80
2.3 Tschernobyl: der Super-GAU und die DDR
Global in Erinnerung geblieben ist das Jahr 1986 in erster Linie wegen der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl am 26. April 1986. In der ZAIG-Berichterstattung aus dem Jahr 1986, die dem Thema Tschernobyl gewidmet war, gehören genau genommen zwei von drei Berichten gleichzeitig zum Themenkomplex Grenze/Grenzvorfälle: Sie behandeln die Zurückweisung von Kraftfahrzeugen an der innerdeutschen Grenze durch den Bundesgrenzschutz aufgrund zu hoher an den Fahrzeugen gemessener Strahlenwerte infolge der Reaktorkatastrophe.81 Damit bleibt streng genommen nur ein ZAIG-Bericht, den man als Berichterstattung zur Reaktorkatastrophe werten kann: Am 6. Mai verfasste die ZAIG einen O-Bericht – der offiziell im MfS verblieb und damit nicht direkt an die Staats- und Parteiführung ging – »über Reaktionen der Bevölkerung der DDR auf die Havarie im Kernkraftwerk Tschernobyl/UdSSR«.82 Wie üblich bei den Bevölkerungsstimmungsberichten der O-Reihe der ZAIG begann der Bericht mit einleitenden Worten, wonach große Teile der Bevölkerung positiv zur Linie der Parteiführung stünden. Konkret hieß es da, dass aus »allen Bevölkerungsschichten […] übereinstimmend die Hoffnung zum Ausdruck gebracht [wurde], dass die Schäden infolge dieses Vorkommnisses so gering wie möglich bleiben mögen« und dass die »erfolgte Mitteilung, dass in der DDR andere Reaktortypen im Einsatz sind und für deren Betrieb die nationalen Sicherheitsvorschriften maßgeblich seien« »von breiten Bevölkerungskreisen mit Beruhigung und Befriedigung aufgenommen« wurde. Außerdem hätten »viele Personen« erklärt, dass »auch in Zukunft auf die friedliche Nutzung der Atomkraft nicht verzichtet werden könne«. Auf diese positiven Einschätzungen folgen im Bericht jedoch die »Sorge und Unsicherheit über die möglichen Folgeschäden«, das Bedürfnis »umfassendere Informationen« zum Unglück zu erhalten, Fragen nach dem Sinn der Kernkraft als Energiequelle für die DDR und Zweifel am »Wahrheitsgehalt der Berichterstattung der DDR«. Bemerkenswert erscheinen dabei auch die Personenkreise, die sich laut ZAIG besorgt und kritisch äußerten: Werktätige auf den Baustellen der DDR-Atomkraftwerke, die sich nicht adäquat informiert fühlten, »ob und wie man in der DDR auf mögliche Havarien vorbereitet sei«, »Angehörige der wissenschaftlich-technischen Intelligenz« des Kernkraftwerkes in Lubmin, die Fragen nach den Ursachen der Tschernobyl-Katastrophe hätten, »Mitarbeiter des Zentralinstituts für Isotopen- und Strahlenforschung der DDR in Leipzig«, die die zögerliche Kommunikation der sowjetischen Stellen kritisierten und Chemiestudenten in Greifswald, die die Strahlenmessungen durch DDR-Behörden anzweifelten. Der Bericht hält damit fest, wie vor allem Expertengruppen an den Maßnahmen und der Kommunikationsstrategie der DDR-Führung zweifelten. Dass sich darüber hinaus nur »in Einzelfällen […] Personen aus unterschiedlichen Bevölkerungskreisen mit den Meldungen der westlichen Funkmedien [identifizierten] und […] den Wahrheitsgehalt der Berichterstattung der DDR an[zweifelten]«, wirkt daneben wiederum wie Schönfärberei, da davon auszugehen ist, dass sich praktisch die gesamte DDR-Bevölkerung zumindest teilweise über westliche Medien informierte.
Doch auch über diese relativ wenigen expliziten Tschernobyl-Berichte hinaus zeigt sich im ZAIG-Berichtsaufkommen aus dem Jahr 1986 immer wieder, wie Tschernobyl die Menschen in der DDR beunruhigte. Friedens- und Umweltgruppen, aber auch offizielle Kirchengremien diskutierten und verbreiteten etwa den oppositionellen Appell »Tschernobyl wirkt überall«, den Reinhard Schult und Thomas Klein vom Friedenskreis Friedrichsfelde gemeinsam mit Sebastian Pflugbeil vom Friedenskreis der Immanuelkirche in Ostberlin formuliert hatten.83 Die Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen (KKL), aber auch verschiedene Synodaltagungen debattierten die Havarie.84 Der oppositionelle Piratenradiosender »Schwarzer Kanal« prangerte die Informationspolitik zum Thema an und kritisierte die Nutzung der Atomenergie in der DDR.85 Aber auch der Absturz eines sowjetischen Passagierflugzeuges im Dezember 1986 nahe dem Flughafen Schönefeld sorgte dafür, dass laut ZAIG DDR-Bürgerinnen und -Bürger Parallelen zum Reaktorunglück zogen und »Zweifel an der Zuverlässigkeit der sowjetischen Technik« äußerten.86 Auffällig ist, dass die Folgen des Reaktorunglücks insgesamt oft im Kontext der Abrüstungsdebatten der 1980er-Jahre diskutiert wurden und verschiedene Akteure immer wieder einen Zusammenhang zur Gefahr eines Atomkrieges herstellten.87
2.4 Der Blick nach Osten: Gorbatschows Reformen und sein »neues Denken«
Zwar tauchen die beiden Begriffe, die später in deutscher Transliteration aus dem Russischen als zentrale Schlagworte Michail Gorbatschows Reformpolitik charakterisieren sollten, »Perestroika« und »Glasnost«, in dieser Form nicht wortwörtlich in der ZAIG-Berichterstattung des Jahres 1986 auf, doch zeigen die Berichte, welche Wirkung die sowjetischen Reformen bereits 1986 in der DDR hatten. Besonders Michail Gorbatschows ab Januar 1986 mehrfach wiederholte und konkretisierte Abrüstungsvorschläge entfalteten in der DDR ein großes Echo, das sich in der ZAIG-Berichterstattung widerspiegelt. Auch seine Bestrebungen, offenere Diskussionen über gesellschaftliche, politische und ökonomische Missstände anzustoßen, um so Reformansätze sichtbar zu machen und mehr Eigeninitiative zu fördern, wurden aufmerksam registriert. In erster Linie schlug sich das in den Stimmungsberichten nieder, die die ZAIG als Reaktion auf Gorbatschows Abrüstungsvorschläge und seine Auftritte bei den Parteitagen von KPdSU und SED verfasste.88 Darin zeigt sich, dass Gorbatschows Kurs von ganz verschiedenen Bevölkerungsschichten unterstützt wurde, von kirchlichen Amtsträgern über die wissenschaftliche Elite bis hin zu Parteivertretern.89 Kritische Stimmen vermerkte das MfS hier vor allem von Menschen, die die Ernsthaftigkeit von Gorbatschows Rhetorik anzweifelten oder der SED im Vergleich zur KPdSU den Reformwillen absprachen. Für das MfS, das in erster Linie in sicherheitspolitischen Kategorien dachte, waren vor allem Formulierungen von einzelnen »politisch bewussten Bürgern« relevant, die »besorgt gefragt [hätten], ob die UdSSR nicht zu viel Zugeständnisse mache, die zu einer Verminderung der Verteidigungsfähigkeit der sozialistischen Staaten führen könnten«.90 In die gleiche Richtung zielten auch die Bemerkungen, dass Gorbatschows offene Kritik an Missständen in der Sowjetunion »dem Gegner Ansatzpunkte für gezieltere ideologische Angriffe gegen den Sozialismus«91 liefern könnte oder dass die sowjetischen Abrüstungsschritte »ein Risiko für die sozialistische Staatengemeinschaft dar[stellen], weil deren Sicherheit nicht mehr umfassend gewährleistet werden könne«.92
Über diese konkreten Reaktionen auf Gorbatschows Politik in Stimmungsberichten hinaus ist es häufig die Gorbatschow-Formulierung eines »neuen Denkens«, die in verschiedenen Kontexten in den Berichten immer wieder auftaucht. Mit dem »neuen Denken« war die Umleitung ökonomischer Ressourcen weg vom Militär hin zu anderen volkswirtschaftlichen Bereichen gemeint.93 Vor allem Gremien der evangelischen Kirchen griffen die Formulierung auf94 – der Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR verfasste 1986 sogar ein Arbeitspapier für die Gemeinden unter dem Titel »Neues Denken im Atomzeitalter«.95
Eine Herausforderung für MfS und SED stellten Gorbatschows Reformbemühungen dar, weil sie tatsächlich, wie befürchtet, Kritikern und Gegnern der SED argumentative Munition lieferten, um die Zustände in der DDR zu kritisieren. So leiteten die IFM-Gründer ihren gemeinsam mit Rainer Eppelmann verfassten und bereits erwähnten Appell zum UNO-Jahr des Friedens mit einem expliziten Bezug auf die sowjetischen Abrüstungsvorschläge ein.96 Aber auch katholische Amtsträger und »Dozenten katholischer Priesterausbildungsstätten im Bezirk Erfurt sowie Intellektuelle katholischen Glaubens« aus Ostberlin meinten im Hinblick auf den XI. SED-Parteitag laut ZAIG: »Eine ›Fehlerdiskussion‹, wie sie jetzt unter Genosse Gorbatschow in Gang gekommen wäre, sei in der DDR undenkbar. Die durch ihn getroffene Einschätzung über Haltungen und Einstellungen von sowjetischen Funktionären wäre jedoch für die DDR durchaus ›übernahmereif‹.«97 Die ZAIG meldete auch, dass die Kirchenleitung der Evangelischen Landeskirche Greifswald »auf ein ›tragfähiges Fundament des von Michail Gorbatschow betonten neuen Denkens auch in unserer Gesellschaft‹ [hoffe]. In diesem Zusammenhang wurde hingewiesen auf den Abbau von Tendenzen der Militarisierung bestimmter Bereiche im öffentlichen Leben, die ›Förderung gewaltfreier Konfliktlösungen und die wirklich mündige Mitverantwortung aller Bürger‹.«98 Doch gerade im Zusammenhang mit den kirchlichen Amtsträgern und deren komplexen Beziehungen zu staatlichen Stellen auf der einen und den politisch alternativen Gruppen auf der anderen Seite offenbaren die Berichte des Jahre 1986 auch eine Ambivalenz von Gorbatschows Reformpolitik. Denn staatliche Stellen konnten nun mit dem Verweis auf Gorbatschows Abrüstungsvorschläge den kirchlichen Amtsträgern gegenüber hervorheben, dass doch der östliche Machtblock für Frieden stünde und die Kritik der alternativen Gruppenszene an der DDR-Politik damit ins Leere laufe. Das geschah beispielsweise im Vorlauf von »Frieden konkret«99: Laut ZAIG erklärte der Bischof der Kirchenprovinz Sachsen Christoph Demke in einem Gespräch, das staatliche Vertreter »zur vorbeugenden Verhinderung des politischen Missbrauchs des geplanten ›Friedensseminars‹« mit ihm gesucht hatten: »Das ›Friedensseminar‹ könne seines Erachtens an den Erklärungen Gorbatschows nicht vorbeigehen.«100 Dementsprechend durchziehen die Informationen über die Tagungen der Kirchengremien besonders in den ersten Monaten des Jahres zufrieden klingende Hervorhebungen durch das MfS, wenn sich kirchliche Amtsträger positiv auf Gorbatschows Vorschläge bezogen.
Die Veröffentlichung einer Meldung der staatlichen sowjetischen Presseagentur TASS über Unruhen in der Kasachischen Sowjetrepublik im Dezember 1986 im »Neuen Deutschland« stellte ein Novum in mehrfacher Hinsicht dar.101 Die Proteste in der Hauptstadt Alma-Ata (heute Almaty) gelten als die ersten während Gorbatschows Amtszeit, die auf in der Sowjetunion bestehende ethnische Konflikte hinwiesen.102 Darüber hinaus zeigte der für sowjetische Verhältnisse relativ offene Umgang mit den Vorgängen, dass Gorbatschow seinen »Glasnost«-Kurs ernst meinte.103 Da verwundert es nicht, dass die ZAIG extra einen O-Bericht über die Bevölkerungsreaktionen auf die Veröffentlichung der TASS-Meldung im »Neuen Deutschland« anfertigte.104 Darin hielt die ZAIG fest: »In zahlreichen Meinungsäußerungen, darunter von Parteimitgliedern, wird sowohl Verwunderung als auch Besorgnis über diese Vorgänge zum Ausdruck gebracht und in diesem Zusammenhang geschlussfolgert, offenbar gebe es in der Sowjetunion doch noch mehr Probleme, als bisher angenommen wurde.« Bezogen auf die »Glasnost«-Politik hieß es, dass die »rasche Informierung« durch die TASS und die Übernahme dieser Meldung durch das ND »allgemeine Zustimmung« fanden und im Zusammenhang mit der »erkennbare[n] Linie der KPdSU, auch die Öffentlichkeit über bestimmte innenpolitische Vorgänge und Probleme aktuell zu unterrichten« gesehen wurde. »Kritisch vermerkt wird jedoch, dass die TASS-Mitteilung keine Aussagen über Ursachen und Hintergründe dieser Ausschreitungen enthält und lediglich die Beschlüsse des ZK der KP Kasachstans Erwähnung finden. Dies nehmen, wie vorliegende Informationen bestätigen, zahlreiche Bürger zum Anlass, um weitergehende Informationen von westlichen elektronischen Funkmedien zu erlangen.« In diesen kritischen Anmerkungen deuten sich im Kleinen bereits die Dynamiken an, die ausgelöst durch die Reformagenda Gorbatschows, später die Sowjetunion und den gesamten Ostblock ins Wanken bringen sollten: Indem die autoritäre Zentralmacht auf mehr politische Offenheit und kritische Diskussionen pochte, setzte sie eine Entwicklung in Gang, die immer weitere Öffnungen und damit Reformschritte notwendig erscheinen ließ und letztendlich die Zentralmacht selbst infrage stellte.
2.5 Wirtschaft: die DDR auf dem Weg zur »Mangelgesellschaft«
Auch wenn die ZAIG-Berichterstattung des Jahres 1986 wie üblich vor allem Einzelinformationen über konkrete Probleme in einzelnen volkswirtschaftlichen Bereich oder konkreten Betrieben lieferte, dokumentiert sie dennoch den desolaten Zustand, in dem sich die DDR-Wirtschaft Mitte der 1980er-Jahre befand.105 Insgesamt befassen sich 13 Berichte des Jahres vorwiegend mit wirtschaftlichen Problemlagen, darunter fünf Berichte der K- und O-Reihen, die in der Regel im MfS verblieben und damit nicht an die Staats- und Parteiführung gingen.
Von diesen fünf Stasi-internen Berichten wiederum sind drei so konzipiert, dass sie einen breiteren Einblick in die volkswirtschaftliche Lage des Jahres 1986 liefern. Einer dieser Berichte befasst sich mit dem »Brandgeschehen in der Volkswirtschaft« zwischen Januar und Juli 1986 und liefert sogar Vergleichszahlen zum Vorjahreszeitraum, um einen dramatischen Anstieg der Brände und der durch sie verursachten volkswirtschaftlichen Schäden zu dokumentieren.106 Ursächlich für die vielen Brände seien die Missachtung von Vorschriften und Brandstiftung gewesen. Ein weiterer dieser breiter konzipierten Berichte behandelt die »Gefährdung der Arbeits- und Produktionssicherheit« in gleich mehreren Industriezweigen.107 Er wird eingeleitet mit der vernichtenden Feststellung: »Nach dem MfS vorliegenden Hinweisen bestehen in volkswirtschaftlich wichtigen Industriezweigen – besonders in der Chemischen Industrie, der Kohle- und Energiewirtschaft sowie im Industriezweig Erzbergbau, Metallurgie und Kali – erhebliche Probleme bei der Gewährleistung der Arbeits-, Produktions- und Anlagensicherheit infolge des in den letzten Jahren eingetretenen umfangreichen physischen Verschleißes der in diesen Industriezweigen leistungsbestimmenden Grundmittelarten (insbesondere der baulichen Anlagen, energiewirtschaftlichen Anlagen sowie technologische Hauptausrüstungen und -anlagen).« Der dritte übergreifende Bericht über die ökonomische Situation in der DDR, der nicht das MfS verließ, behandelt Bevölkerungsreaktionen auf die schlechte Versorgungslage im Land.108 Er konstatiert, dass vor allem bei »Textilwaren und gefragten hochwertigen Konsumgütern sowie Ersatzteilen« die Versorgungslage für die Menschen spürbar immer schlechter werde, sodass es »erneut eine erhebliche Zunahme von kritischen Diskussionen breitester Bevölkerungskreise« gegeben habe. Diese Diskussionen »rücken immer stärker in den Mittelpunkt und verdrängen teilweise Meinungsäußerungen zu bedeutsamen politischen Tagesfragen«. Am Ende des Berichts fällt im Kontext der langen Wartezeiten für einen Pkw und den Ersatzteilmangel sogar der Begriff »Mangelgesellschaft«.
Doch auch mit den acht Einzelinformationen über volkswirtschaftliche Probleme, die das MfS verließen und an die Staats- und Parteiführung gingen, lässt sich ein Eindruck davon gewinnen, wie desolat die wirtschaftliche Lage der DDR im Jahr 1986 war. So informiert ein Bericht über Probleme bei der Schaffung neuer Kraftwerkskapazitäten, wo »bis 1985 ständig und im Laufe der Zeit nicht mehr aufholbare Rückstände im Bau- und Montageablauf« aufgetreten seien.109 Dabei wäre vor allem der weiter geplante Ausbau der Kernenergie wichtig für die DDR, da »die Kernenergie die einzigste [sic!] alternative Energiequelle zur Erhöhung der Effektivität und Zuverlässigkeit des Verbrauches defizitärer organischer Brennstoffe (Kohle, Erdöl, Erdgas) und zur Verbesserung des Umweltschutzes dar[stelle]«. Die Katastrophe in Tschernobyl genau drei Wochen nach der Erstellung dieses Berichts durch die ZAIG rückt diese Perspektive im Rückblick noch in ein ganz anderes Licht.
Zwei Informationen befassen sich mit Problemen bei der Deutschen Reichsbahn, bei der »die Leistungsfähigkeit der elektrischen Zugförderung auf dem Streckennetz […] insbesondere durch das Störgeschehen an Fahrleitungsanlagen und Mängel in der Stabilität der Bahnstromversorgung in zunehmendem Umfang beeinträchtigt« sei und sich die verantwortlichen Kader »der Reichsbahndirektionen immer häufiger veranlasst sahen, ihr Hauptaugenmerk auf die tägliche Sicherung der Transportanforderungen der Volkswirtschaft zu richten« und deshalb »Fragen der Instandhaltungsarbeiten oftmals zugunsten operativer Betriebsführung in den Hintergrund getreten« seien.110 Deutlich macht die Information 381/86 vor allem »die gegenwärtige Leitungsstruktur im Ministerium für Verkehrswesen« für die Schwierigkeiten des Bahnbetriebes verantwortlich.111 »Besonders das Fehlen eindeutiger Leitungslinien in den betriebsleitenden und -vorbereitenden Prozessen, verbunden mit fehlender exakter Abgrenzung der Verantwortung zur Gewährleistung einer einheitlichen und zentralisierten Befehlsgewalt auf allen Leitungsebenen, behindert nicht unerheblich Leistung und Effektivität der Deutschen Reichsbahn,« heißt es hier. Offensichtlich versuchte das MfS mit dem alarmierenden Bericht, den das zuständige Politbüro-Mitglied Günter Mittag erhielt, Einfluss auf die Strukturen und die Verantwortlichkeiten im Ministerium für Verkehrswesen zu nehmen.
Besonders eindrücklich ist jedoch ein Bericht über »einige Probleme im Zusammenhang mit der Gewährleistung der Arbeits- und Produktionssicherheit in der Fleischindustrie« aus dem August 1986.112 Darin legt die ZAIG dar, dass es »bereits seit längerer Zeit ernsthafte Probleme« in der Fleischindustrie gebe. »Nachteilige Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung und die Gesundheit« seien nur durch eine große Anzahl von Sonderschichten in den überforderten Schlachtbetrieben und Ausnahmegenehmigungen durch die zuständigen Kontrollbehörden verhindert worden. »Ausnahmegenehmigungen waren insbesondere deshalb erforderlich, da die geschlachteten Tiere nicht entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen der TGL113 auf eine Kerntemperatur von 8 °C gekühlt und ausgeliefert werden konnten«. Hauptursachen für die Probleme wären der Verschleiß der alten Schlachtbetriebe (60 der 72 Schlachtbetriebe in der DDR seien vor dem Jahr 1900 errichtet worden) und Lieferprobleme bei neuen Kühlanlagen aus DDR-Produktion. »Unter diesen Voraussetzungen können deshalb im Wesentlichen nur die für den Export und die Langzeitlagerung bestimmten Schlachtkörper TGL-gerecht gekühlt werden«, hieß es weiter im Bericht, was die Bedeutung der westlichen Devisen für die krisenbehaftete DDR der 1980er-Jahre unterstreicht.114 Im Falle der Information über die Probleme in der Fleischindustrie lässt sich auch eine konkrete Folge der Berichterstattung durch das MfS dokumentieren. In einem überlieferten Antwortschreiben des Politbüromitglieds und 1. Stellvertreters des Vorsitzenden des Ministerrates Werner Krolikowski an den stellvertretenden Minister für Staatssicherheit und zuständigen Stasi-General Rudi Mittig heißt es, Krolikowski habe die Information »zum Anlass genommen«, um ein »Rekonstruktionsprogramm für die Fleischindustrie der DDR auszuarbeiten und bis Ende September 1986 dem Ministerrat vorzulegen«.115 Tatsächlich verabschiedete der Ministerrat am 19. Februar 1987 ein »Rekonstruktionsprogramm der volkseigenen Fleischindustrie der DDR 1986–1990«.116
3. Die ZAIG im Jahr 1986
Die organisatorische Entwicklung der ZAIG und des Berichtswesens war seit den frühen 1980er-Jahren weitestgehend abgeschlossen. Danach gab es keine nennenswerten strukturellen Umbauten mehr.117
Das MfS hatte mit dem Aufstand vom 17. Juni 1953 damit begonnen, Lage- und Stimmungsberichte anzufertigen. Das MfS und die Partei waren vom Aufstand völlig überrascht worden. Der damalige Chef der Staatssicherheit Ernst Wollweber installierte daraufhin eine achtköpfige Informationsgruppe, um in Zukunft solche Bedrohungen frühzeitig antizipieren zu können. Über die folgenden Jahre und Jahrzehnte entwickelte sich aus diesem kleinen Nachrichtenbüro die ZAIG mit ihrem ausgefeilten und routinierten Berichtswesen, wie es sich 1986 darstellte. So richteten die MfS-Bezirksverwaltungen und operativen Hauptabteilungen 1960 je eigene Informationsgruppen ein, die der »Zentralen Informationsgruppe« zuarbeiteten. Ab 1965 berichteten sie anhand eines einheitlichen Systems für die Recherche, Auswahl und Auswertung von Informationen. Im Laufe der Zeit erhielt die ZAIG immer mehr Aufgaben: 1968 das innerministerielle Kontrollwesen, 1969 die Verantwortung für die elektronische Datenverarbeitung und 1985 – als letzte größere strukturelle Veränderung – die Öffentlichkeitsarbeit und Traditionspflege des MfS.
Hauptaufgabe der ZAIG blieb die Auswertung und Aufbereitung des gesammelten geheimpolizeilichen Wissens und die Information von Staats- und Parteiführung. Darüber hinaus sorgte sie aber auch für eine möglichst einheitliche und effektive Anleitung, Kontrolle und Weiterentwicklung sämtlicher administrativer und operativer Verfahren bis hinunter auf Kreisebene. Außerdem verwaltete die ZAIG Mitte der 1980er-Jahre Archiv, Registratur, Rechenzentrum und Rechtsstelle der Stasi.118
In gut zwanzig Jahren war damit aus der ursprünglichen Redaktionskommission für das Stasi-Berichtswesen die Schaltzentrale des Ministeriums für Staatssicherheit erwachsen. 338 Personen arbeiteten im Jahr 1986 für die ZAIG. Zählt man noch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der AKG auf Ebene der Bezirksverwaltungen dazu, ergibt sich eine Zahl von mehr als 1 100 Menschen, die Mitte der 1980er-Jahre für das Auswertungs- und Kontrollsystem des MfS tätig waren.119
Über fast die gesamte Zeit der Existenz des Berichtswesens war Generalleutnant Werner Irmler verantwortlich für das System der Informationssammlung und -auswertung – faktisch bereits ab 1957 und ab 1965 auch formal als ZAIG-Leiter. Er zählte zu den engsten Vertrauten des Ministers für Staatssicherheit Erich Mielke, in dessen direktem Anleitungsbereich die Diensteinheit angesiedelt war. Für die Auswertungs- und Informationstätigkeit war der Bereich 1 der ZAIG verantwortlich. Sechs thematische Arbeitsgruppen sortierten, filterten und fassten hier die von den zentralen und unteren Diensteinheiten eingehenden Informationen zusammen.120 Ihre Ergebnisse speisten sie im nächsten Schritt in das Berichtswesen ein, für das Rudi Taube, der Stellvertreter Irmlers, zuständig war. Er sollte sicherstellen, dass die Spitzen von MfS, SED und Staatsapparat über Meinungen in der Bevölkerung zu bestimmten Ereignissen und über einzelne sicherheitsrelevante Vorkommnisse frühzeitig und umfassend unterrichtet wurden. Die von Taubes Stellvertreter Günter Hackenberg angeleiteten Arbeitsgruppen (AG) 1 (Internationale Fragen, Systemauseinandersetzung), 2 (Extremismus, Terror, Spionage, Verkehr, Volkswirtschaft) und 6 (Politische Untergrundtätigkeit, Kirche, Kultur, Jugend) formulierten dann die Berichte in der Regel aus. Die AG 6 existierte erst ab 1981, um dem Wirken der unabhängigen Basisgruppen im Umfeld der evangelischen Kirche Rechnung zu tragen. AG 4 (Auswertung westlicher Medien) und AG 5 (Dokumentation) übernahmen vor allem unterstützende Funktionen.121 Alle Arbeitsgruppen zusammen verfügten 1986 über 44 Planstellen.122
Inhaltlich gab es für die Berichte der ZAIG keine formalen Vorgaben. Minister Mielke bestimmte allein über die zu behandelnden Themen. ZAIG-Bereich 1 konnte alle möglichen politischen, ökonomischen oder gesellschaftlichen Fragen bearbeiten. Dafür erhielt der Bereich Informationen von verschiedenen Stellen, in erster Linie von den Auswertungs- und Kontrollgruppen der operativen Hauptabteilungen, aber auch vom strafrechtlichen Untersuchungsorgan (HA IX) und den regionalen MfS-Dienststellen. Dazu kamen Meldungen vom Zentralen Operativstab und Erkenntnisse aus der Auswertung westlicher Massenmedien. Der Großteil der Informationen stammte dabei aus der »operativen Arbeit« der Offiziere, also aus dem Einsatz konspirativer Zuträgerinnen und Zuträger, der Kontrolle des Postverkehrs oder dem Einsatz von Abhör- und Überwachungstechnik. Relevant für die Informationsgewinnung war aber auch der persönliche Austausch zwischen MfS-Offizieren und leitenden Mitarbeitern der Industriebetriebe, staatlichen Organen oder gesellschaftlichen Einrichtungen.
4. Die Berichtsserien der ZAIG im Jahr 1986
Der Bereich 1 der ZAIG fertigte im Jahr 1986 insgesamt 235 Inlandsberichte an. Sie unterteilen sich in drei Berichtserien, deren Bezeichnung auf die jeweilige Ablage innerhalb des Sekretariats der ZAIG zurückgeht. Die wichtigste Berichtsserie, die »Informationen«, behandelt einzelne sicherheitsrelevante Ereignisse mit einer großen thematischen Bandbreite von den Tagungen der offiziellen Gremien der evangelischen Kirchen über aufsehenerregende Fluchtfälle bis hin zur Sicherheitssituation in den Fußballstadien der DDR-Oberliga. Innerhalb des MfS wurden sie als »Parteiinformationen« bezeichnet, da sie normalerweise an ausgewählte Vertreter der Partei- und Staatsführung weitergeleitet wurden. Für sie gab es ein einheitliches Layout mit einem Formblatt und dem Aufdruck »Information über …«, dem Datum und dem Namen der herausgebenden Institution (ZAIG). Weil die »Informationen« für die SED- und Staatsführung gedacht waren, musste die ZAIG die Themen in einer Art aufbereiten, in der die Texte auch ohne detaillierte Fachkenntnisse auf dem jeweiligen Themengebiet verständlich waren. Es war wichtig, dass sie bei heiklen politischen Themen Angaben zum Grad der Öffentlichkeit des Sachverhalts gaben, etwa ob (westliche) Medienvertreterinnen und -vertreter anwesend und wie viele Menschen beteiligt waren. Um nicht in die Kompetenz der Partei einzugreifen, vermieden es die Verfasser in der ZAIG meist, Analysen und Bewertungen über die Effektivität anderer staatlicher und wirtschaftsleitender Organe jenseits des MfS einzufügen. Damit bewegte sich die ZAIG oftmals auf einem schmalen Grat, auf der einen Seite aktuell und gründlich über ihren relevanten Kenntnisstand zu berichten, dabei jedoch auf der anderen Seite grundlegende Strukturanalysen in der Regel zu unterlassen.
Neben den »Informationen« erarbeitete die ZAIG noch die K- und O-Berichtsreihen für den innerdienstlichen Gebrauch, die die Geheimpolizei in der Regel nicht verließen.123 Diese landeten im ZAIG-Sekretariat in der Ablage »K«, die für die Rubrik »Verschiedenes« stand und sich in die Untergruppen K 1 (Diverse Probleme), K 2 (Bewaffnete Organe) und K 3 (Kultur, Medien, Opposition) unterteilte. Im Jahr 1986 fertigte die ZAIG elf derartige Berichte der K-Ablage. Die K-Reihe diente der Unterstützung der MfS-Dienststellenleiter bei ihrer geheimpolizeilichen Arbeit und unterscheidet sich thematisch kaum von den »Informationen«. Meist erschienen sie als »unfirmierte Dokumente«, das heißt der Dokumentenkopf bestand nur aus dem Titel »Hinweise zu …« ohne Angaben von Datum und herausgebender Institution, manchmal allerdings mit dem Vermerk »Streng geheim!«. Darüber hinaus verfasste die ZAIG noch die sogenannten O-Berichte, die die Stimmungslage in der Bevölkerung behandelten. Aus dem Jahr 1986 existieren 21 dieser Stimmungsberichte, die jeweils mit dem Titel »Hinweise auf Reaktionen der Bevölkerung im Zusammenhang mit …« eingeleitet wurden. Die O-Berichte trugen meist Meinungen und Stimmungen zu konkreten Anlässen zusammen, etwa zu den Parteitagen von KPdSU und SED oder aber beispielsweise zu Versorgungsproblemen. Obwohl auch die O-Berichte keinem formal festgelegten Aufbau folgten, lassen sich einige wiederkehrende Merkmale identifizieren, die der Minister Mielke ausdrücklich einforderte: Die Verfasser sollten frühzeitig auf Unzufriedenheiten hinweisen, dabei Äußerungen verschiedener Personenkreise wie Arbeiterinnen und Arbeiter, Jugendliche, Landwirtinnen und Landwirte oder SED-Mitglieder berücksichtigen, ferner den konkreten Anlass und die Art und Weise der Äußerungen (z. B. Diskussion, Pausengespräch oder Eingabe) kenntlich machen und schließlich auf eigene Kritik an der SED-Politik verzichten.124 Die Verfasser der ZAIG-Berichte waren bestrebt, den Eindruck zu vermeiden, das MfS kritisiere die Partei. Zwar versuchten sie relevante Stimmungsentwicklungen in der Bevölkerung nachzuzeichnen, jedoch bemühten sie sich gleichzeitig, immer wieder konforme Aussagen »progressiver«, also SED-loyaler Personenkreise einzuflechten und verzichteten auf allzu kritische Formulierungen.
Diese inneren Widersprüche des Berichtswesens verzerrten die Aussagen der O-Berichte (und teilweise auch der K-Berichte und der »Informationen«) mitunter erheblich. Neben diesen unterschiedlich ausgeprägten ideologischen Einflüsse muss im Hinblick auf quellenkritische Belange auch beachtet werden, dass die Berichte sich auf die detaillierte Darstellung einzelner Ereignisse beschränken, Kontextualisierungen oder größere Einordnungen meist aber vermieden werden.
5. Adressaten der Berichte
Die Berichte waren jeweils für einen bestimmten Empfängerkreis gedacht. Immer gingen sie an ausgewählte Vertreter der MfS-Führung. In der Regel waren das Minister Mielke, seine Stellvertreter Rudi Mittig und Gerhard Neiber, die Leiter der thematisch involvierten operativen Diensteinheiten – im Jahr 1986 vor allem der Leiter der für die Überwachung der Kirchen und der Opposition zuständigen HA XX Paul Kienberg, aber auch der Leiter der HA VI, die für die Grenzsicherung und Überwachung des Ein- und Ausreiseverkehrs zuständig war, Heinz Fiedler. Nicht zuletzt erhielten die Bezirksverwaltungen sowie einige wichtige Vertreterinnen und Vertreter der ZAIG, neben Werner Irmler oft die Offiziere für Sonderaufgaben im Bereich 1, Heinz Göbel und Ursula Schorm, die Informationen. Berichte über die westlichen Alliierten und über Vorkommnisse mit sowjetischen Militärangehörigen wurden oft auch an den KGB in Berlin-Karlshorst weitergeleitet.125
Erich Mielke erhielt nicht nur die 53 Berichte, bei denen er als Empfänger explizit aufgelistet wurde. Bei diesen handelte es sich mutmaßlich um Berichte, von denen er ein eigenes Exemplar einbehielt – womöglich um es mit führenden Partei- oder Staatsfunktionären persönlich zu besprechen.126 Darüber hinaus zeichnete Mielke in der Regel jedes Berichtsexemplar, das das MfS verließ, persönlich ab. Die Verteilerangaben der K- und O-Berichte weisen ihn hingegen praktisch immer als Empfänger aus. Es ist also davon auszugehen, dass der Minister für Staatssicherheit alle ZAIG-Berichte kannte.
Für die SED-Führung waren nur die »Informationen« vorgesehen. ZAIG-Chef Irmler entwarf für die »Informationen« jeweils einen externen Verteilervorschlag, über den Minister Mielke dann persönlich entschied. In der Regel erhielten nur wenige politisch und fachlich zuständige Funktionäre aus dem Partei- und Staatsapparat ein Exemplar.
Meist umfasste der Verteiler im Jahr 1986 nicht mehr als drei bis fünf, nicht selten aber auch nur ein oder zwei externe Empfänger. Zu ihnen gehörten 1986 aufgrund der thematischen Dominanz der Kirchen sehr häufig der Leiter der AG Kirchenfragen beim ZK der SED Rudi Bellmann, der zuständige ZK-Sekretär Werner Jarowinsky und der Staatssekretär für Kirchenfragen Klaus Gysi. Viele Berichte gingen auch an den ZK-Sekretär für Sicherheitsfragen Egon Krenz und an SED-Generalsekretär Erich Honecker persönlich. Regelmäßig erhielten auch die 1. Sekretäre der zuständigen SED-Bezirksleitungen sowie Mitglieder des Ministerrates, etwa Minister Oskar Fischer (Auswärtige Angelegenheiten), Herta König (stellvertretende Finanzministerin) und Friedrich Dickel (Inneres), ihren Bereich betreffende Berichte. Der KGB in Berlin-Karlshorst bekam im Jahr 1986 mit insgesamt 39 verhältnismäßig viele Berichte (im Jahr 1985 waren es sieben und 1983 17 Berichte). Das lag vor allem an den vielen Grenzvorfällen mit Beteiligung westlicher Behörden, allen voran die bereits erwähnten Protestaktionen des US-Bürgers Runnings und die vorübergehend eingeführten strengeren Grenzkontrollen für Diplomaten in Berlin.
Welchen Einfluss die »Informationen« auf das Handeln der Staats- und Parteiführung ausübten, lässt sich nur schwer abschätzen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass ein so ausgefeiltes und über viele Jahre arbeitendes Berichtswesen eine gewisse Wirkung erzielte. Einige überlieferte Reaktionen auf Berichte – wie etwa Anstreichungen und Kommentierungen, die die Empfänger vorgenommen haben – weisen darauf hin, dass die Berichte zumindest punktuell sehr gründlich gelesen wurden.127 Die Praxis der ZAIG, besonders in sicherheitsrelevanten Themenfeldern gegebenenfalls konkrete Handlungsempfehlungen in den Berichten zu platzieren, deutet ebenfalls darauf hin, dass die Berichte ernsthaft von der Staats- und Parteiführung zur Kenntnis genommen wurden.
6. Druckauswahl und Formalia
In dieser Buchausgabe liegt eine Auswahl der 235 edierten Dokumente aus dem Jahr 1986 vor. Die Zusammenstellung umfasst sowohl standardmäßige Berichte als auch Exemplare mit besonderen formalen oder inhaltlichen Auffälligkeiten. In ihrer Gesamtheit sollen sie einen Eindruck von den Entwicklungen des Jahres und der Vielfalt der wiedergegebenen Ereignisse vermitteln. Die Abschriften aller edierten Berichte des Jahres 1986 sind vollständig auf der Website 1986.ddr-im-blick.de abrufbar. In Form einer Datenbank ist hier auch eine elektronische Volltextrecherche möglich.
Die Wiedergabe der Dokumente folgt grundsätzlich dem Original. Die Rechtschreibung ist den heute gültigen Regeln angeglichen. Während kleinere Tipp- und Rechtschreibfehler stillschweigend korrigiert werden, bleiben größere Orthografie- und Grammatikfehler aus Gründen der Quellenauthentizität unverändert. Ungewöhnliche Abkürzungen werden stillschweigend in übliche umgewandelt oder ausgeschrieben. Eventuelle Unterstreichungen, Randvermerke und Einkreisungen werden im Dokumentenkopf erwähnt, wenn sie gleichmäßig einen Großteil des Textes betreffen. Auf besondere Markierungen einzelner Wörter oder Sätze wird in einem Fußnotenkommentar aufmerksam gemacht.
Gemäß § 32 a des Stasi-Unterlagen-Gesetzes wurden die in den Texten erwähnten Personen der Zeitgeschichte sowie Amts- und Funktionsträger öffentlicher Institutionen vor der Veröffentlichung von Informationen zu ihrer Person benachrichtigt, wenn die Angaben nach einer Einordnung verlangen oder über ihre reine Funktionstätigkeit hinausgehen. Betroffene, die nicht zu diesen Personenkreisen gehören, wurden um eine Einwilligung für die Publikation von Daten zu ihrer Person gebeten. Um den Schutz der Persönlichkeitsrechte zu gewährleisten, war es bei einigen wenigen Berichten notwendig, Passagen, Personennamen oder Adressenangaben zu anonymisieren. Die Aussagekraft der Quellen wird dadurch aber in keiner Weise beeinträchtigt, da es sich hierbei in der Regel um weniger relevante Angaben handelt. Die mitunter sehr aufschlussreichen Anmerkungen und Richtigstellungen von Personen, die sich auf Nachfrage zu den sie betreffenden Aussagen der Berichte äußerten, wurden den Dokumenten als Fußnotenkommentar hinzugefügt.
7. Schlussbetrachtung
Im Laufe des Jahres 1986 spielten die Reformbemühungen in der Sowjetunion für die Menschen in der DDR zunehmend eine Rolle. Wie die Ereignisse in der Zentralmacht des östlichen Blocks das Denken und Handeln der Menschen in der DDR beeinflussten, lässt sich an den Inlandsberichten der ZAIG an die Staats- und Parteiführung aus dem Jahr 1986 gut ablesen. Zwischen den Zeilen tritt sogar die über das Jahr schleichend wachsende Entfremdung zwischen den Machthabern in Ostberlin und Gorbatschow zu Tage,128 etwa wenn die ZAIG in den ersten Monaten des Jahres in Stimmungsberichten noch viele positive Rückmeldungen der DDR-Bevölkerung zu Gorbatschows Politik beschrieb, diese Formulierungen über das Jahr hinweg aber merklich abnahmen und teilweise durch die Warnungen des MfS abgelöst wurden, dass »Glasnost« die Legitimität der Parteiherrschaft untergraben könnte. Auch der Vergleich der Reaktionen auf die beiden Parteitage in Moskau und Ostberlin lässt derartige Tendenzen erkennen. Offen brach die SED erst im Jahr 1987 mit dem sowjetischen Reformkurs, als der SED-Chefideologe Kurt Hager in einem Interview mit dem bundesdeutschen Magazin »Stern« nach den Folgen der Reformen in der Sowjetunion für die DDR befragt antwortete: »Würden Sie, nebenbei gesagt, wenn Ihr Nachbar seine Wohnung neu tapeziert, sich verpflichtet fühlen, Ihre Wohnung ebenfalls neu zu tapezieren?«129
Zu den einschneidenden Ereignissen in der Sowjetunion 1986 gehört jedoch die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Das Unglück machte die Probleme der sowjetischen Wirtschaft eindringlich spürbar und schwächte gleichzeitig die sowjetische Staatsmacht, indem die (anfängliche) Desinformationskampagne deren Glaubwürdigkeit untergrub. Die psychologische Wirkung Tschernobyls beruhte auch darauf, dass der Unfall in die Zeit kurz nach den großen Nachrüstungsdebatten in Europa fiel, in der die Angst vor einem möglichen atomaren Weltuntergang nicht nur die Friedensbewegung in Ost und West politisiert hatte.
Der historische Rückblick erlaubt es, die Entwicklungen des Jahres 1986 als Vorboten des nahenden Zusammenbruchs des östlichen Machtblocks zu deuten. Demgegenüber vermitteln die ZAIG-Berichte eine gewisse Stabilität, die sich in der routinierten Berichterstattung im Bewusstsein, alle relevanten Entwicklungen in der DDR genau im Blick zu haben, ausdrückte. Vor allem die detaillierte Kirchenberichterstattung dokumentiert nämlich auch Erfolge aus MfS-Sicht: In den Kirchengremien hatten inzwischen die Kräfte, die die Arbeit der unabhängigen Friedens- und Umweltgruppen unter dem Kirchendach einschränken wollten, offensichtlich die Oberhand gewonnen. Die politisch alternativen Gruppen befanden sich in einer Sinnkrise und suchten nach neuen Organisationsformen jenseits der Kirche. Dennoch sind die Krisenerscheinungen der 1980er-Jahre durchgängig spürbar in den Berichten. Besonders die Berichte zur ökonomischen Situation des Landes machen das deutlich. Darüber hinaus lässt sich für 1986 konstatieren, was so auch 1985 sichtbar war: Das MfS wusste über die gravierenden strukturellen Probleme des Landes Bescheid, doch finden sich die eindrücklichsten Hinweise darauf in den Berichten der K- und O-Reihen, die in der Regel im MfS verblieben und nicht an die Parteiführung gingen.130
8. Anhang: Adressaten der Berichte 1986
Tabelle 1: Adressaten der Berichte 1986 außerhalb des MfSName, Vorname, Funktion | Information Nr. (auch Nr. des O- bzw. K-Berichtes) | Anzahl |
|---|---|---|
Arndt, Otto (Jg. 1920) ZK-Mitglied, Minister für Verkehrswesen | 8 | |
Axen, Hermann (Jg. 1916) SED-Politbüro, ZK-Sekretär für Außenpolitik | 5 | |
Bellmann, Rudi (Jg. 1919) Leiter der AG Kirchenfragen beim ZK der SED | 18, 40, 70, 93, 106, 115, 126, 128, 161, 193, 195, 216, 225, 240, 263, 268, 273, 278, 300, 304, 313, 327, 346, 347, 383, 386, 430, 440, 442, 446, 475, 500, 524, 526, 535, 537, 538, 548, 569, 574 | 40 |
Böhme, Hans-Joachim (Jg. 1929) SED-Politbüro (ab April 1986), 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Halle | 1 | |
Brünner, Horst (Jg. 1929) ZK-Mitglied (ab 1986), Stellv. des Ministers für Nationale Verteidigung und Chef der Politischen Hauptverwaltung der NVA | 1 | |
Dickel, Friedrich (Jg. 1913) ZK-Mitglied, Minister des Innern | 10, 58, 130, 143, 163, 183, 227, 238, 270, 344, 490, 560, 572 | 13 |
Donda, Arno (Jg. 1930) Leiter der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik | 4 | |
Feist, Manfred (Jg. 1930) ZK-Mitglied, Abteilungsleiter für Auslandsinformation des ZK der SED | 1 | |
Felfe, Werner (Jg. 1928) SED-Politbüro, ZK-Sekretär für Landwirtschaft | 1 | |
Fischer, Oskar (Jg. 1923) ZK-Mitglied, Minister für Auswärtige Angelegenheiten | 38, 72, 125, 213, 253, 262, 264, 265, 266, 267, 271, 272, 274, 276, 288, 289, 301, 378, 380, 407, 450, 453, 463, 491, 560, K1/165 | 26 |
Gysi, Klaus (Jg. 1912) Staatssekretär für Kirchenfragen | 18, 40, 70, 93, 106, 115, 126, 128, 161, 193, 195, 216, 225, 240, 263, 268, 273, 278, 300, 313, 327, 346, 347, 383, 386, 430, 440, 442, 446, 475, 500, 524, 526, 535, 537, 538, 548, 569, 574 | 39 |
Hager, Kurt (Jg. 1912) SED-Politbüro, ZK-Sekretär für Wissenschaft, Bildung und Kultur | 8 | |
Herger, Wolfgang (Jg. 1935) Leiter der ZK-Abteilung für Sicherheitsfragen | 6 | |
Herrmann, Joachim (Jg. 1928) SED-Politbüro, ZK-Sekretär für Medien | 6 | |
Honecker, Erich (Jg. 1912) SED-Generalsekretär, Staatsratsvorsitzender, Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates | 38, 125, 213, 253, 262, 264, 265, 266, 271, 272, 274, 289, 301, 366, 368, 378, 380, 384, 383, 387, 408, 409, 428, 429, 440, 441, 445, 448, 453, 491, 534, 538, 547, 548, 560, 574 | 36 |
Honecker, Margot (Jg. 1927) ZK-Mitglied, Ministerin für Volksbildung | 2 | |
Jarowinsky, Werner (Jg. 1927) SED-Politbüro, ZK-Sekretär für Handel und Versorgung und ZK-Sekretär für Kirchenfragen | 18, 40, 70, 93, 106, 115, 126, 128, 161, 193, 195, 216, 225, 240, 263, 268, 273, 278, 300, 304, 313, 327, 346, 347, 357, 383, 386, 430, 440, 442, 446, 475, 500, 524, 526, 535, 537, 538, 548, 569, 574 | 41 |
Junker, Wolfgang (1929) ZK-Mitglied, Minister für Bauwesen | 1 | |
Kersten, Rolf (Jg. 1935) Minister für Schwermaschinen- und Anlagenbau (im Juni 1986 verstorben) | 1 | |
Keßler, Heinz (Jg. 1920) Minister für Nationale Verteidigung, zuvor Stellv. des Ministers für Nationale Verteidigung, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates | 9 | |
KGB Berlin-Karlshorst »AG« | 38, 72, 81, 213, 237, 253, 262, 264, 265, 266, 267, 271, 272, 274, 275, 276, 288, 289, 301, 329, 343a, 359, 361, 362, 366, 368, 378, 380, 396, 445, 448, 463, 476, 488, 491, 504, 547, 548, 560 | 39 |
König, Herta (Jg. 1929) Abteilungsleiterin im Ministerium der Finanzen | 9, 17, 27, 39, 49, 60, 71, 84, 94, 105, 116, 127, 141, 142, 162, 173, 192, 204, 215, 228, 239, 251, 269, 277, 290, 302, 315, 324, 338, 342, 358, 364, 382, 385, 398, 410, 419, 431, 444, 451, 452, 464, 474, 487, 501, 503, 525, 536, 549, 558, 571, 576, 577 | 53 |
Krenz, Egon (Jg. 1937) SED-Politbüro, ZK-Sekretär für Sicherheitsfragen, Jugend, Sport, Staats- und Rechtsfragen, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates | 37, 38, 106, 115, 125, 213, 253, 262, 264, 265, 266, 270, 271, 272, 274, 289, 301, 303, 313, 325, 327, 328, 329, 339, 341, 343, 348, 362, 363, 365, 366, 367, 368, 378, 380, 384, 397, 408, 409, 428, 429, 443, 445, 448, 450, 462, 463, 473, 476, 491, 502, 547, 560, 570 | 54 |
Krolikowski, Herbert (Jg. 1924) ZK-Mitglied, 1. Stellv. des Ministers für Auswärtige Angelegenheiten | 10 | |
Krolikowski, Werner (Jg. 1928) SED-Politbüro, 1. Stellv. des Vorsitzenden des Ministerrates | 5 | |
Lietz, Bruno (Jg. 1925) ZK-Mitglied, Minister für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft | 1 | |
Lorenz, Werner (Jg. 1925) ZK-Mitglied (ab April 1986), Staatssekretär im Ministerium für Volksbildung | 1 | |
Luschew, Pjotr G. (Jg. 1923) Oberkommandierender GSSD | 1 | |
Mecklinger, Ludwig (Jg. 1919) ZK-Mitglied, Minister für Gesundheitswesen | 1 | |
Meier, Felix (Jg. 1936) Minister für Elektrotechnik/Elektronik | 2 | |
Mittag, Günter (Jg. 1926) SED-Politbüro, ZK-Sekretär für Wirtschaft, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrate | 16, 125, 140, 213, 238, 249, 252, 357, 381, 387, 491, 502, 527 | 13 |
Mitzinger, Wolfgang (Jg. 1932) SED, Minister für Kohle und Energie | 1 | |
Neumann, Alfred (Jg. 1909) SED-Politbüro, 1. Stellv. Vorsitzender des Ministerrates | 2 | |
Nier, Kurt (Jg. 1927) SED, Stellv. Minister für Auswärtige Angelegenheiten | 1 | |
Ragwitz, Ursula (Jg. 1928) Leiterin der ZK-Abteilung für Kultur | 2 | |
Reichelt, Hans (Jg. 1925) Stellv. Vorsitzender der DBD, Minister für Umweltschutz und Wasserwirtschaft | 1 | |
Renckwitz, Fritz (Jg. 1921) Stellv. des Leiters der Abteilung Sicherheitsfragen des ZK der SED | 1 | |
Schabowski, Günter (Jg. 1929) SED-Politbüro, 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Berlin | 11, 82, 106, 115, 129, 144, 164, 193, 194, 226, 268, 313, 408, 442, 443, 450, 491, 537, 547, 573 | 20 |
Schürer, Gerhard Paul (Jg. 1921) Vorsitzender der Staatlichen Plankommission | 2 | |
Seidel, Karl (Jg. 1930) Leiter Abt. Gesundheitspolitik beim ZK der SED | 1 | |
Sindermann, Horst (Jg. 1915) Präsident der Volkskammer | 3 | |
Singhuber, Kurt (Jg. 1932) Minister für Erzbergbau, Metallurgie und Kali | 1 | |
Stoph, Willi (Jg. 1914) SED-Politbüro, Vorsitzender des DDR-Ministerrates | 125, 140, 213, 253, 262, 264, 265, 266, 271, 272, 274, 289, 301, 445, 448, 502 | 16 |
Streletz, Fritz (Jg. 1926) ZK-Mitglied, Stellv. Minister für Nationale Verteidigung und Chef des Hauptstabs der NVA | 1 | |
Tautenhahn, Gerhard (Jg. 1929) ZK-Mitglied, Minister für Allgemeinen Maschinen-, Landmaschinen- und Fahrzeugbau (ab März 1986, zuvor Leiter Abteilung Maschinenbau und Metallurgie des ZK der SED) | 1 | |
Wyschofsky, Günther (Jg. 1929) ZK-Mitglied, Minister für Chemische Industrie | 3 |
Name, Vorname, Funktion | Information Nr. (auch Nr. des O- bzw. K-Berichtes) | Anzahl |
|---|---|---|
Abteilung Finanzen | 17, 27, 39, 60, 71, 84, 127, 142, 162, 192, 204, 215, 228, 239, 277, 290, 302, 358, 364, 382, 385, 398, 410, 451, 452, 464, 474, 487, 501, 525, 536, 549, 558, 576 | 34 |
AGM (Arbeitsgruppe des Ministers) | 3 | |
Bierbaum, Werner (Jg. 1928) Leiter HV A-Abteilung VII (Auswertung/Informationen) | 3 | |
Böhm, Horst (Jg. 1937) Leiter BV Dresden | 2 | |
Braun, Edgar (Jg. 1939) Leiter HA XIX | 38, 213, 214, 249, 379, 381, 387, 408, 462, 491, 547, O/160, O/161b, O/161c, O/164, O/167, O/170a | 17 |
Brückner, Lothar (Jg. 1933) ZAIG Bereich 1, AG 2, Offizier für Sonderaufgaben | 72, 81, 237, 253, 262, 264, 265, 266, 267, 271, 272, 274, 276, 288, 289, 359, 365 | 17 |
Büchner, Joachim (Jg. 1929) Leiter HA VII | 10, 58, 72, 130, 143, 163, 183, 227, 238, 344, 361, 396, 462, 476, 490, 504, 560, 572, O/156, O/158 | 20 |
BV Berlin/AKG | 5 | |
Carlsohn, Hans (Jg. 1928) Leiter des Sekretariats des Ministers | 3 | |
Coburger, Karli (Jg. 1929) Leiter HA VIII | 7 | |
Dietze, Manfred (Jg. 1928) Leiter HA I | 37, 104, 267, 276, 288, 303, 314, 325, 348, 366, 368, 378, 380, 387, 407, 408, 409, 428, 453 | 19 |
Fiedler, Heinz (Jg. 1929) Leiter HA VI | 10, 11, 37, 38, 58, 59, 129, 130, 143, 144, 163, 164, 182, 183, 213, 214, 226, 227, 253, 262, 264, 265, 266, 267, 271, 272, 274, 275, 276, 288, 289, 301, 325, 341, 344, 345, 362, 366, 368, 378, 379, 380, 408, 428, 429, 462, 489, 490, 560, 572, 573 | 51 |
Fister, Rolf (Jg. 1929) Leiter HA IX | 37, 72, 82, 194, 250, 267, 276, 288, 303, 314, 329, 341, 343, 348, 361, 362, 366, 387, 396, 408, 409, 428, 429, 453, 476, 504, 570 | 27 |
Frenzel, Karl-Heinz (Jg. 1940) ZAIG Bereich 1, AG 3, Offizier für Sonderaufgaben | 3 | |
Geisler, Otto (Jg. 1930) Leiter der Arbeitsgruppe des Ministers | 11 | |
Giersch, Jean (Jg. 1934) ZAIG Bereich 1, AG 2, Offizier für Sonderaufgaben | 10 | |
Göbel, Heinz (Jg. 1937) ZAIG Bereich 1, AG 3, Offizier für Sonderaufgaben | 10, 11, 17, 27, 39, 58, 59, 60, 71, 84, 127, 129, 130, 142, 143, 144, 162, 163, 164, 182, 183, 192, 204, 215, 226, 227, 228, 239, 271, 290, 358, 364, 379, 382, 385, 387, 398, 410, 451, 452, 464, 474, 487, 489, 490, 501, 525, 536, 549, 558, 572, 573, 576 | 53 |
Großer, Karl (Jg. 1929) ZAIG Bereich 1, Leiter der AG 2 | 2 | |
Großmann, Werner (Jg. 1929) 1. Stellv. des Leiters der HV A | 125, 253, 262, 264, 265, 266, 271, 272, 274, 275, 289, 301, 339, 365, 387, 445, 448, 450, 462, 463, 534 | 21 |
Hähnel, Siegfried (Jg. 1934) Leiter BV Berlin (ab November 1986) | 6 | |
HA VII | 1 | |
HA XX/4 | 18, 40, 70, 93, 115, 126, 128, 161, 193, 195, 216, 240, 263, 268, 273, 278, 300, 304, 313, 327, 346, 347, 383, 386, 430, 440, 442, 446, 475, 500, 524, 526, 535, 537, 538, 548, 569, 574 | 38 |
HA XX/AKG | 10 | |
Hennig, Werner (Jg. 1928) Leiter Abteilung Finanzen | 9, 49, 94, 105, 116, 141, 173, 251, 269, 315, 324, 338, 342, 419, 431, 444, 503, 571, 577 | 19 |
Hummitzsch, Manfred (Jg. 1929) Leiter BV Leipzig | 2 | |
Irmler, Werner (Jg. 1930) Leiter der ZAIG | 339, K1/161, K1/164, K1/165, K1/166, K1/168, K1/169, O/159, O/161a, O/162, O/163, O/164, O/167 | 13 |
Kienberg, Paul (Jg. 1926) Leiter HA XX | 16, 18, 40, 70, 82, 93, 106, 115, 125, 126, 128, 161, 193, 194, 195, 216, 225, 240, 263, 268, 273, 278, 291, 300, 304, 313, 327, 346, 347, 363, 383, 386, 397, 430, 440, 441, 442, 443, 445, 446, 447, 448, 463, 473, 475, 491, 500, 524, 526, 534, 535, 537, 538, 547, 548, 569, 570, 574, O/160, O/161a, O/161b, O/161c, O/162, O/164, O/167, O/170b, O/171 | 67 |
Kleine, Alfred (Jg. 1930) Leiter HA XVIII | 140, 213, 214, 225, 238, 249, 252, 328, 357, 429, 502, 527, K1/162, K1/166, K1/168, O/159, O/160, O/161b, O/161c, O/163, O/164, O/166, O/167, O/168, O/169, O/171 | 26 |
Kobbelt, Fritz Leiter der AG Sicherheit der HV A | 1 | |
Koch, Peter (Jg. 1929) Leiter BV Neubrandenburg | 1 | |
Korth, Werner (Jg. 1929) Leiter BV Schwerin | 1 | |
Kratsch, Günther (Jg. 1930) Leiter HA II | 38, 81, 237, 253, 262, 264, 265, 266, 267, 271, 272, 274, 275, 276, 288, 289, 301, 359, 361, 365, 366, 396, 447, 450, 488, 560, O/161a, O/162 | 28 |
Lehmann, Dieter (Jg. 1928) Leiter BV Gera | 3 | |
Männchen, Horst (Jg. 1935) Leiter HA III | 3 | |
Mielke, Erich (Jg. 1907) Minister für Staatssicherheit | 213, 214, 253, 262, 264, 265, 266, 271, 272, 274, 275, 289, 301, 328, 339, 365, 368, 429, 441, 445, 448, 475, 491, 534, K1/161, K1/162, K1/165, K1/166, K1/167, K1/168, K1/169, K2/38, K3/76, O/154, O/155, O/156, O/158, O/159, O/160, O/161a, O/161b, O/161c, O/162, O/163, O/164, O/165, O/166, O/167, O/168, O/169, O/170a, O/170b, O/171 | 53 |
Mittag, Rudolf (Jg. 1929) Leiter BV Rostock | 1 | |
Mittig, Rudi (Jg. 1925) Stellv. Minister für Staatssicherheit | 10, 16, 18, 40, 70, 82, 93, 106, 115, 125, 126, 128, 130, 140, 143, 161, 163, 193, 194, 195, 213, 214, 216, 225, 227, 238, 240, 249, 252, 253, 262, 263, 264, 265, 266, 268, 270, 271, 272, 273, 274, 275, 278, 289, 291, 300, 301, 304, 313, 325, 327, 328, 329, 339, 341, 343, 346, 347, 348, 357, 362, 363, 365, 366, 367, 368, 378, 380, 381, 383, 384, 386, 387, 397, 407, 408, 409, 428, 429, 430, 440, 441, 442, 443, 445, 446, 447, 448, 450, 453, 462, 463, 473, 475, 500, 502, 524, 526, 527, 534, 535, 537, 538, 547, 548, 560, 569, 570, 572, 574, K1/162, K1/164, K1/165, K1/166, K1/167, K1/168, O/155, O/156, O/157, O/158, O/159, O/160, O/161a, O/161b, O/161c, O/162, O/163, O/164, O/165, O/166, O/167, O/168, O/169, O/170a, O/170b, O/171 | 136 |
Müller, Wilfried (Jg. 1931) Leiter BV Magdeburg | 4 | |
Neiber, Gerhard (Jg. 1929) Stellv. Minister für Staatssicherheit | 10, 37, 38, 72, 81, 104, 125, 130, 143, 163, 213, 214, 227, 237, 253, 262, 264, 265, 266, 267, 270, 271, 272, 274, 275, 276, 288, 289, 301, 303, 325, 329, 341, 343, 348, 359, 362, 363, 366, 368, 378, 380, 384, 387, 407, 408, 409, 428, 429, 453, 462, 476, 475, 488, 491, 500, 502, 504, 534, 560, 572, K1/167, K2/38, O/156, O/158, O/160, O/161a, O/161b, O/161c, O/162, O/163, O/164, O/167, O/168, O/169, O/170a, O/170b, O/171 | 78 |
Niebling, Gerhard (Jg. 1932) Leiter der Zentralen Koordinierungsgruppe (ZKG) | 12 | |
Poppitz, Peter (Jg. 1937) ZAIG Bereich 1, Leiter der AG 3 | 11 | |
Rebohle, Eberhard (Jg. 1943) ZAIG Bereich 1, AG 6, Offizier für Sonderaufgaben | 11 | |
Rechtsstelle | 4 | |
Riedel, Klaus-Dieter (Jg. 1941) ZAIG Bereich 1, AG 6, Offizier für Sonderaufgaben | 2 | |
Schickart, Helmut (Jg. 1931) Leiter BV Potsdam | 5 | |
Schmidt, Heinz (Jg. 1930) Leiter BV Halle | 4 | |
Schorm, Ursula (Jg. 1934) ZAIG, Bereich 1, AG 2, Offizier für Sonderaufgaben | 18, 70, 161, 193, 195, 216, 240, 263, 346, 347, 383, 386, 446, 447, 475, 500, 524, 526, 569, 574 | 20 |
Schwanitz, Wolfgang (Jg. 1930) Leiter BV Berlin (bis November 1986), Stellv. Minister für Staatssicherheit (ab November 1986) | 11, 38, 81, 82, 106, 115, 125, 129, 144, 164, 193, 194, 226, 237, 268, 313, 328, 339, 359, 363, 365, 408, 429, 442, 443, 445, 446, 448, 450, 491, 547, K1/165, O/168, O/169, O/170a, O/170b, O/171 | 37 |
Schwarz, Josef (Jg. 1932) Leiter BV Erfurt | 2 | |
Seebe, Heinz (Jg. 1938) ZAIG Bereich 1, AG 3, Offizier für Sonderaufgaben | 3 | |
Sommer, Manfred (Jg. 1932) Leiter ZOS | 6 | |
Stern, Primus (Jg. 1929) ZAIG Bereich 1, AG 2, Offizier für Sonderaufgaben | 2 | |
Tannhäuser, Dieter (Jg. 1936) ZAIG Bereich 1, Leiter der AG 6 | 4 | |
Taube, Rudi (Jg. 1926) 1. Stellv. des Leiters ZAIG, Leiter ZAIG Bereich 1 | 4 | |
Wolf, Markus (Jg. 1923) Stellv. Minister für Staatssicherheit, Leiter der HV A (bis November 1986) | 1 | |
ZAIG, Bereich 1 | 16, 49, 94, 104, 105, 106, 115, 116, 125, 126, 128, 141, 173, 251, 252, 269, 278, 302, 304, 313, 314, 315, 324, 325, 327, 328, 329, 338, 341, 342, 343, 344, 345, 348, 367, 368, 378, 380, 396, 397, 419, 428, 429, 430, 431, 440, 442, 443, 444, 450, 488, 503, 504, 535, 537, 560, 571, 577, K1/165, O/164, O/166 | 61 |
ZAIG, Bereich 1, AG 3 | K1/161, K1/169, K2/38 | 3 |
ZAIG, Bereich 1, AG 6 | K1/169, O/163 | 2 |
ZKG | 4 | |
ZOS | 3 |