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Neue Einreiseregelungen für Diplomaten nach Ostberlin (1)

29. Mai 1986
Information Nr. 253/86 über die Durchsetzung der Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit im grenzüberschreitenden Verkehr nach und von Westberlin

Die entsprechend einer zentralen Entscheidung festgelegten Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Grenzübertritt von Diplomaten zwischen der DDR und Westberlin werden seit dem 26. Mai 1986, 0.00 Uhr, an den Grenzübergangsstellen der Hauptstadt der DDR, Berlin, konsequent durchgesetzt.1

Die überwiegende Mehrheit der zur Grenzpassage erschienenen Diplomaten hat sich den getroffenen Festlegungen entsprechend ausgewiesen.

In der Zeit vom 26. Mai 1986, 0.00 Uhr, bis 28. Mai 1986, 24.00 Uhr, erschienen insgesamt 1 520 bevorrechtete Personen von in der DDR akkreditierten diplomatischen Vertretungen nichtsozialistischer Staaten – Diplomaten sowie deren Familienangehörige mit diplomatischem Status – an den Grenzübergangsstellen der Hauptstadt der DDR zu Westberlin – teilweise mehrmals – zur Aus- bzw. Wiedereinreise.

Darunter befanden sich 210 in der DDR akkreditierte Diplomaten der Botschaften der USA (119), Großbritanniens (51) und Frankreichs (40), die entsprechend der getroffenen Entscheidung von den Maßnahmen ausgenommen wurden, nachdem am 26. Mai 1986 36 Diplomaten dieser Staaten das Vorweisen der Diplomatenpässe verweigert hatten. Ihnen wurde die Grenzpassage gemäß der bisherigen Regelung nach Vorweisen der Diplomatenausweise des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der DDR gestattet.

Während an den ersten beiden Tagen der angewiesenen Maßnahmen insgesamt nur 69 Diplomaten der drei genannten Staaten zur Grenzpassage erschienen, stieg die Anzahl der Grenzübertritte seitens dieses Personenkreises am 28. Mai 1986 auf 141.

Mit Ausnahme von 46 Diplomaten weiterer nichtsozialistischer Staaten, darunter denen der Ständigen Vertretung der BRD (17), der Botschaften Malis (4), Norwegens (3), Dänemarks (3), Italiens (3), Portugals (3), Belgiens (2), der Niederlande (2) sowie Japans, der Türkei, Syriens, Griechenlands, Zaires, Ghanas, Guineas, Angolas und Libyens (je 1), denen die Grenzpassage nicht gestattet wurde, wiesen alle übrigen Diplomaten ihre Diplomatenpässe zur Kontrolle vor.

Die letztgenannten Diplomaten der Vertretungen Guineas, Angolas und Libyens gaben an, ihren Diplomatenpass lediglich vergessen zu haben und reisten zu einem späteren Zeitpunkt unter Vorlage ihrer Diplomatenpässe nach Westberlin aus.

Unter den zurückgewiesenen Diplomaten befanden sich der Leiter der Ständigen Vertretung der BRD sowie die Botschafter Italiens, Dänemarks, Portugals (mit Ehefrau) und der Niederlande, die sämtlich am 28. Mai 1986 unter der Vorlage ihres Diplomatenausweises des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten nach Westberlin auszureisen beabsichtigten.

Während der Leiter der Ständigen Vertretung der BRD gegen 13.00 Uhr an der Grenzübergangsstelle Invalidenstraße zur Ausreise erschien, versuchten die Botschafter der übrigen vier Staaten, im Zeitraum von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr jeweils im Abstand von etwa einer halben Stunde unter Vorlage ihrer Diplomatenausweise nach Westberlin auszureisen.

Die Leiter der genannten Vertretungen äußerten übereinstimmend, dass nach ihrer Auffassung die Vorlage des Diplomatenausweises als Legitimation zum Grenzübertritt ausreiche.

Offenkundig als Reaktion auf die erfolgten Rückweisungen an den Grenzübergangsstellen der Hauptstadt zu Westberlin gingen Angehörige der Ständigen Vertretung der BRD sowie Mitarbeiter der Botschaften von NATO-Staaten am 28. Mai 1986 verstärkt dazu über, die Grenzübergangsstelle Stolpe zum Grenzübertritt nach und von Westberlin zu nutzen. Dies betraf insgesamt 86 Diplomaten, die den Vertretungen der BRD (46), Dänemarks (14), Frankreichs (9), Belgiens (9), Norwegens (4), Großbritanniens (3) und der Niederlande (1) angehören.

Nach dem MfS vorliegenden Hinweisen hat der Leiter der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR angewiesen, zur Reise nach Westberlin die Grenzübergangsstelle Stolpe zu benutzen.

Im Zusammenhang mit der Einreise von Westberlin aus in die Hauptstadt der DDR erfolgte in 16 Fällen die Erteilung von Visa zum Tagesaufenthalt an in der DDR nichtakkreditierte Diplomaten aus acht nichtsozialistischen Staaten (Türkei 5, Brasilien 3, Iran 2, Schweden 2 sowie Großbritannien, Japan, Uruguay und Irland je 1).

Die Chefs der Militärmissionen Dänemarks und Kanadas sowie der 1. Sekretär der Militärmission Norwegens in Westberlin und deren Begleiter verweigerten die Annahme der Visa unter Berufung auf Sonderrechte der Alliierten in Berlin, obwohl sie die Diplomatenpässe zur Kontrolle übergeben hatten. Die Einreise wurde nicht gestattet.

An allen drei Tagen seit Wirksamkeit der Maßnahmen war festzustellen, dass der Reiseverkehr von Diplomaten nichtsozialistischer Staaten gegenüber vergleichbaren Tagen der zurückliegenden Zeit um etwa 25 % geringer war.

  1. Zum nächsten Dokument Neue Einreiseregelungen für Diplomaten nach Ostberlin (2)

    30. Mai 1986
    Information Nr. 262/86 über die weitere Durchsetzung der Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit im grenzüberschreitenden Verkehr nach und von Westberlin

  2. Zum vorherigen Dokument Konferenz der Ev. Kirchenleitungen der DDR (3)

    29. Mai 1986
    Information Nr. 240/86 über die 105. Tagung der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen (KKL) vom 9. bis 10. Mai 1986