Neue Transitregelung vom Flughafen Schönefeld nach Westberlin
10. Oktober 1986
Information Nr. 462/86 über die bisherigen Ergebnisse der Durchsetzung der zentralen Entscheidung bezüglich der Transitgewährung durch das Staatsgebiet der DDR ab 1. Oktober 1986
Die zur Realisierung der zentralen Entscheidung getroffenen Maßnahmen werden seitens der Auslandsvertretungen der DDR, der Fluggesellschaft Interflug und der Schutz- und Sicherheitsorgane an den Grenzübergangsstellen der DDR konsequent durchgesetzt.1
Durch die Auslandsvertretungen der DDR erfolgt die Erteilung von Transitvisen entsprechend den getroffenen Festlegungen.
Die Informierung der Außenministerien anderer Staaten über die seit dem 1. Oktober 1986 verbindliche Transitregelung der DDR ist erfolgt.
Seitens der sozialistischen Staaten wurde zugesichert, die entsprechenden innerstaatlichen Maßnahmen zu veranlassen.
Auch in den anderen Ländern finden die Festlegungen der DDR als Folge restriktiver Veränderungen des Einreiseregimes in den west- und nordeuropäischen Staaten Verständnis, wobei zugesagt wurde, Reisen von Personen ohne Anschlussvisa mit Flugverbindungen über die DDR zu unterbinden.
Die seitens der Interflug gegenüber den Fluggesellschaften anderer Staaten erfolgte Information über die Maßnahmen der DDR bewirkte, dass diese entsprechend den gegebenen Möglichkeiten die erforderliche Unterstützung zusagten. Unter Beachtung der unterschiedlichen Bedingungen in diesen Ländern konnte im Wesentlichen erreicht werden, dass durch die Kontrollorgane der Landesbehörden bzw. die jeweiligen Flughafenabfertigungen/Fluggesellschaften Maßnahmen zur Überprüfung der Flugpassagiere bezüglich des Vorliegens der erforderlichen Voraussetzungen veranlasst wurden.
Durch die zuständigen Schutz- und Sicherheitsorgane der DDR wurden an den Grenzübergangsstellen die erforderlichen Maßnahmen zur Durchsetzung der getroffenen Festlegungen und zur Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit, insbesondere im Zusammenhang mit dem zeitweiligen Aufenthalt und der Unterbringung von zurückzubefördernden Flugpassagieren am Flughafen Berlin-Schönefeld getroffen.
Im Ergebnis der konsequenten Durchsetzung der zentralen Festlegungen ist es zu einer fast vollständigen Unterbindung der Anreise von Personen aus den festgelegten Staaten, die nicht über die für eine Transitgewährung durch das Staatsgebiet der DDR erforderlichen Voraussetzungen verfügen, gekommen.
Im Zeitraum vom 1. bis 7. Oktober 1986 reisten an den Grenzübergangsstellen der DDR insgesamt 202 Personen aus den festgelegten Staaten an, die nicht über die für eine Transitgewährung durch das Staatsgebiet der DDR erforderlichen Voraussetzungen verfügten. Das entspricht im Verhältnis zu den Durchschnittswerten vorangegangener vergleichbarer Zeiträume – eine Woche ca. 2 600 Personen – einen Rückgang um 92,2 %.
(Im gleichen Zeitraum reisten 656 Personen aus den festgelegten Staaten, die über die für eine Transitgewährung durch das Staatsgebiet der DDR erforderlichen Voraussetzungen verfügten, nach Westberlin (652), Schweden (3) und Dänemark (1) weiter. Dabei handelte es sich überwiegend um türkische Bürger, die längerfristig in Westberlin als Arbeitskräfte tätig sind bzw. deren nächsten Familienangehörigen, die sämtlich über eine dementsprechende Aufenthaltserlaubnis verfügen.)
Bei den 202 Personen, die nicht über die für eine Transitgewährung durch das Staatsgebiet der DDR erforderlichen Voraussetzungen verfügten (151 Personen reisten an der Grenzübergangsstelle Flughafen Berlin-Schönefeld und 51 Personen an den Eisenbahn-Grenzübergangsstellen der DDR an), handelte es sich um Bürger aus Iran (68), Indien (32), Syrien (30), Bangladesch (21), Türkei (19), Ghana (18), Libanon (7), Äthiopien (3), Nigeria (3) und Somalia (1).
Die Anreise der Mehrzahl der an der Grenzübergangsstelle Flughafen Berlin-Schönefeld eingetroffenen Personen, die sämtlich über ein bereits vor dem 1. Oktober ausgestelltes Transitvisa der DDR verfügten, erfolgte am 1. Oktober 1986 (130 Personen). An den folgenden Tagen bis zum 5. Oktober 1986 reisten nur noch in Einzelfällen derartige Flugpassagiere an (2. Oktober – 12, 3. Oktober – 1, 4. Oktober – 0, 5. Oktober – 8). Am 6. und 7. Oktober 1986 reisten keine diesbezüglichen Personen an der Grenzübergangsstelle Flughafen Berlin-Schönefeld an.
Der Antransport dieser Personen zum Flughafen Berlin-Schönefeld erfolgte durch die Fluggesellschaften Aeroflot (79), Balkan (55), Malev (7), Interflug (6) und Tarom (4).
Zu den 202 Personen, die nicht über die für eine Transitgewährung durch das Staatsgebiet der DDR erforderlichen Voraussetzungen verfügten, wurden folgende Entscheidungen getroffen:
77 Personen wurden an den Grenzübergangsstellen der DDR sofort zurückgewiesen bzw. entsprechend den gegebenen Möglichkeiten unverzüglich zurückbefördert, davon an der Grenzübergangsstelle Flughafen Berlin-Schönefeld 26 Personen und an den Eisenbahn-Grenzübergangsstellen der DDR 51 Personen.
64 Personen wurden bis zur nächsten Möglichkeit der Rückbeförderung zeitweilig auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld untergebracht. Die Rückbeförderung der Flugpassagiere erfolgte im Wesentlichen reibungslos und ohne Komplikationen. Die am 2. Oktober 1986 erfolgte Rückbeförderung von 55 Bürgern aus dem Iran durch die Fluggesellschaft Balkan konnte nur durch den Einsatz von 17 bulgarischen Flugsicherheitsbegleitern gewährleistet werden.
Gegenwärtig befinden sich am Flughafen Berlin-Schönefeld keine zurückzubefördernden Personen.
In Ausnahmefällen wurde im staatlichen Interesse bzw. aufgrund der erheblichen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit 61 Personen (Bangladesch 21, Indien 21, Ghana 15, Syrien 4) die Weiterreise nach Westberlin gestattet. Die Ausreise dieser Personen erfolgte am 1. Oktober (15 Personen), 3. Oktober (42 Personen) und 6. Oktober 1986 (4 Personen).
Dabei handelte es sich um Personen, die sich hartnäckig ihrer vorgesehenen Rückführung widersetzten und teilweise Suizidabsichten androhten, die glaubhaft machten, dass sie bei einer Rückführung in ihren Heimatländern größten Gefahren für Leben und Gesundheit ausgesetzt seien bzw. bei denen erkennbare humanitäre Gründe (hochschwangere Frauen mit Kleinstkind, die zu Verwandten nach Westberlin reisen wollten) vorlagen.