Rechtsverstöße durch US-Militärinspektion
13. Februar 1986
Information Nr. 72/86 über Verstöße gegen Rechtsvorschriften der DDR durch Angehörige der in Westberlin stationierten Militärinspektion der USA
Am 7. Februar 1986, gegen 12.20 Uhr, befuhren die Fahrzeuge der in Westberlin stationierten Militärinspektion der USA mit den Kennzeichen BC – 103 (besetzt mit vier Militärpersonen) und BC – 104 (besetzt mit drei Militärpersonen) in der Hauptstadt der DDR, Berlin, aus Richtung Bahnhof Lichtenberg kommend die für alle Fahrzeuge (außer Anlieger) gesperrte Ruschestraße.1 In Höhe Dottistraße wurden beide Fahrzeuge durch einen Posten der Verkehrspolizei durch entsprechende eindeutige verkehrsregulierende Maßnahmen zum Halten und Wenden aufgefordert. Dieser Aufforderung kam der Fahrer des Führungsfahrzeuges BC – 103 nicht nach, sondern verringerte lediglich die Geschwindigkeit des Fahrzeuges und fuhr den auf der Straße stehenden Posten der Verkehrspolizei rücksichtslos frontal an, sodass dieser auf die Fahrbahn stürzte.
Ohne zu halten fuhren beide BC-Fahrzeuge langsam in Richtung Normannenstraße weiter, wobei von einem weiteren VK-Posten das Fahrzeug BC – 103 in Höhe der Einfahrt zum Kurzzeitparkplatz Ruschestraße durch verkehrsregulierende Maßnahmen erneut zum Halten und Wenden aufgefordert wurde.
Diese Aufforderung wurde durch den Fahrer des BC – 103 wiederum missachtet und der VK-Posten angefahren, wobei dieser rücklings vor dem Fahrzeug auf die Fahrbahn stürzte. Der gleiche Vorfall wiederholte sich, nachdem sich der VK-Posten wieder erhoben hatte.
Unmittelbar danach fuhr das Fahrzeug BC – 104, das sich durch Vorbeifahren an die Spitze gesetzt hatte, langsam rückwärts bis an den auf der Fahrbahn liegenden VK-Posten heran und überfuhr den in der linken Hand des VK-Postens befindlichen Signalstab.
Danach fuhren beide MI-Fahrzeuge unter Missachtung des erneuten Haltezeichens des VK-Postens mit hoher Geschwindigkeit in Richtung Josef-Orlopp-Straße.
Gemäß ärztlichen Gutachtens erlitten die Angehörigen der Verkehrspolizei durch die vorsätzliche und rücksichtslose, sich über die verkehrsregulierenden Maßnahmen hinwegsetzende Fahrweise der Angehörigen der MI der USA Prellungen im Schienbein- und Schulterbereich sowie ein VK-Posten Quetschungen am Zeigefinger.
Die Angehörigen der amerikanischen Militärinspektion haben bei ihren Aufenthalten in der Hauptstadt der DDR, Berlin, wie international üblich, die Rechtsvorschriften der DDR einzuhalten. Sie haben auch keinerlei Sonderrechte bezüglich der Straßenverkehrsordnung der DDR.
Ihre Handlungsweise stellt einen groben Verstoß gegen die Rechtsnormen der DDR dar. (Straftat gegen die staatliche und öffentliche Ordnung gemäß § 212 StGB – Widerstand gegen staatliche Maßnahmen.2
Darüber hinaus wurde durch beide Fahrzeuge der MI der USA gegen folgende Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) der DDR verstoßen:
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Missachtung der Grundregeln des Verhaltens im Straßenverkehr und der allgemeinen Bestimmungen für die Verkehrsregelung (StVO §§ 1, 2).
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Missachtung des Verkehrsverbotes für alle Fahrzeuge – außer Anlieger – in der Dotti- und Ruschestraße (StVO § 6, Anlage 2 zur StVO, Bild 201).
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Missachtung der Verkehrsregulierung durch Zeichen der Verkehrsposten in der Ruschestraße in drei Fällen (StVO § 4, Absatz 1).
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Nichtanzeigen der Änderungen der Fahrtrichtungen an der Einmündung Dottistraße/Ruschestraße sowie Ruschestraße/Frankfurter Allee (StVO § 15, Absatz 3).3
Dem Vorkommnis vom 7. Februar 1986 gingen bereits eine Vielzahl von rechtswidrigen Handlungen, die von Angehörigen der MI der USA mit den Fahrzeugen BC – 103 und BC – 104 begangen wurden, voraus. Dazu liegen gesicherte Erkenntnisse vor.
Es wird vorgeschlagen, seitens des Oberkommandierenden der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland, Genossen Armeegeneral Luschew,4 gegenüber den zuständigen Stellen der Besatzungstruppen der USA in Westberlin gegen die grobe Missachtung von Rechtsvorschriften der DDR durch die Angehörigen der Militärinspektion der USA in Westberlin in geeigneter Form Protest einzulegen, verbunden mit der Aufforderung, die Rechtsnormen der DDR zu respektieren und künftig derartige rechtswidrige Handlungen zu unterbinden.
Darüber hinaus sollte durch den Minister für Auswärtige Angelegenheiten der DDR der Außerordentliche und Bevollmächtigte Botschafter der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken in der DDR, Genosse Kotschemassow,5 über die rechtswidrigen Handlungen der Angehörigen der USA-Militärinspektion in Kenntnis gesetzt und gebeten werden, ebenfalls in geeigneter Form gegenüber dem Botschafter der USA in der BRD und gleichzeitigen Chef der US-Militäradministration in Westberlin zu protestieren, verbunden mit der Forderung nach Unterbindung derartiger rechtswidriger Praktiken.