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Verhinderung eines Grenzdurchbruches an der GÜST Drewitz

15. September 1986
Information Nr. 428/86 über die Verhinderung eines gewaltsamen Grenzdurchbruches DDR-Berlin (West) über die Grenzübergangsstelle Drewitz, Bezirk Potsdam

Am 14. September 1986, gegen 2.58 Uhr, erfolgte durch entschlossenes Handeln der dienstverrichtenden Mitarbeiter der Passkontrolleinheit, der Zollverwaltung und der Grenztruppen der DDR unter Anwendung der Schusswaffe auf der Grenzübergangsstelle Drewitz die Festnahme des Bürgers der DDR Hampel, Udo1 (42), wohnhaft Bredow, Kreis Nauen, [Straße, Nr.], Invalidenrentner, zuletzt tätig gewesen als Transportarbeiter im VEB Gummiwerke Brieselang, zurzeit ohne Arbeitsrechtsverhältnis, nachdem er versucht hatte, mit einem Pkw, Typ Lada 1300, gewaltsam nach Berlin (West) zu gelangen.

Der Hampel drang am 14. September 1986, gegen 2.50 Uhr, unmittelbar hinter einem polnischen Pkw in die Grenzübergangsstelle ein und fuhr bis in den Bereich der Zollkontrolle.

Der Aufforderung zum Vorzeigen der Dokumente kam der Täter nicht nach. In der Folgezeit versuchte Hampel durch mehrere Fahrmanöver (u. a. Wechseln der Fahrspur, Wendung) innerhalb der Grenzübergangsstelle mit zum Teil hoher Geschwindigkeit und unter erheblicher Gefährdung anderer Reisender gewaltsam die zwischenzeitlich geschlossenen Grenzsicherungsanlagen zu durchbrechen, um nach Berlin (West) zu gelangen. Aufgrund der durch das Auffahren auf eine Seilsperre erfolgten Beschädigung am Pkw sowie durch die Abgabe von Schüssen auf das Fahrzeug konnte dieses gestoppt und der Täter festgenommen werden.

Hampel erlitt Schussverletzungen am rechten Oberarm sowie an der linken Brustseite (Durchschuss bzw. Steckschuss). Er wurde unverzüglich medizinisch versorgt und in das Armeelazarett Potsdam eingeliefert.

Gegen Hampel wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und Haftbefehl erlassen.

An den Verkehrsleit- und Sperreinrichtungen innerhalb der Grenzübergangsstelle entstand ein Sachschaden von ca. 4 000 Mark.

Aufgrund des Vorkommnisses war der grenzüberschreitende Verkehr von 2.50 Uhr bis 3.07 Uhr unterbrochen. Während dieser Zeit befanden sich fünf Pkw im Bereich der Grenzübergangsstelle sowie 14 Kraftfahrzeuge zur Einreise und 13 Kraftfahrzeuge zur Ausreise außerhalb der Grenzübergangsstelle.

Westliche Massenmedien berichteten über das Vorkommnis.2

Zur Person des Hampel ist bekannt, dass er als Transportarbeiter im VEB Gummiwerke Brieselang tätig war und mit Wirkung vom 1. Mai 1986 invalidisiert wurde. Seitdem geht er keiner Arbeit nach.

Er befand sich seit 1977 aufgrund wiederholt geäußerter Suizidabsichten in ständiger nervenärztlicher Behandlung in der Hämatologischen Abteilung des Klinikums Berlin-Buch.

In der durchgeführten Erstvernehmung gab Hampel an, dass er sich spontan zu dieser Handlung entschlossen habe [Passage mit schutzwürdigen Informationen nicht wiedergegeben].

Durch seine Ehefrau wurden die zerrütteten Familienverhältnisse bestätigt. Sie gab an, dass Hampel ständig unter depressiven Zuständen leidet, geistig abwesend und zeitweise gestört ist – sie befürchtete selbst, dass er eines Tages Suizid begehen werde – sowie häufig zu Kurzschlussreaktionen neigte. So habe er z. B. drei Tage vor der Tat ohne Absprache mit seiner Ehefrau einen gebrauchten Pkw, Typ Lada, gegen Wertausgleich (Trabant) und weiteren 13 000 Mark käuflich erworben, wodurch die gesamten Ersparnisse der Familie verausgabt worden seien. Dadurch kam es erneut zu ernsthaften Zerwürfnissen, in deren Folge er am 14. September 1986, gegen 1.00 Uhr, – von seiner Ehefrau unbemerkt – die Wohnung verließ. Nachdem er zunächst ziellos in der Umgebung des Wohnortes und in der Stadt in Potsdam herumgefahren war, sei ihm der Gedanke eines Grenzdurchbruches gekommen, um in Berlin (West) ein »neues Leben« zu beginnen. Dabei will er sich erinnert haben, dass es in Drewitz eine Grenzübergangsstelle gibt, über die man nach Berlin (West) gelangen könnte. Diese Überlegungen führten zur spontanen Entschlussfassung, auf diesem Weg nach Berlin (West) zu gelangen.

Die Untersuchungen zur umfassenden Aufklärung der Ursachen, näheren Umstände und begünstigenden Bedingungen werden fortgeführt.

  1. Zum nächsten Dokument Provokationen durch die Umweltorganisation Greenpeace

    15. September 1986
    Information Nr. 429/86 über provokatorische Handlungen durch Mitglieder der Umweltorganisation »Greenpeace«

  2. Zum vorherigen Dokument Mindestumtausch 1.9.–7.9.1986

    10. September 1986
    Information Nr. 419/86 über die Entwicklung der Einnahmen aus der Durchführung des verbindlichen Mindestumtausches für die Zeit vom 1. September 1986 bis 7. September 1986