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Verlauf und Ergebnisse der Friedensdekade 1986

27. November 1986
Information Nr. 537/86 über Verlauf und Ergebnisse der »Friedensdekade 1986« der evangelischen Kirchen in der DDR in der Zeit vom 9. bis 19. November 1986

Die zum siebenten Mal durchgeführte »Friedensdekade«1 der evangelischen Kirchen in der DDR stand unter dem Thema »Friede sei mit euch«.

Dieses Thema und die von der »Ständigen Vorbereitungsgruppe der Friedensdekade« erarbeiteten inhaltlichen Grundorientierungen der »Friedensdekade« wurden von der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen (KKL)2 in der DDR während ihrer 106. Tagung im Juli 1986 bestätigt; sie lassen eine wesentlich stärkere Orientierung auf die Theologisierung der vorgesehenen kirchlichen Aktivitäten während der »Friedensdekade« erkennen.3

Die Vorbereitung und Gestaltung der »Friedensdekade« lag erneut in der Verantwortung der Kirchengemeinden. Überwiegend wurden die inhaltlichen Vorgaben des Bundes der Evangelischen Kirchen (BEK) in der DDR in Form des von ihm herausgegebenen Materials den Veranstaltungen zugrunde gelegt.4 Dazu gehörte auch ein mit den evangelischen Kirchen in der BRD vereinbarter gemeinsamer Text für einen »Bittgottesdienst für den Frieden in der Welt«, der jedoch keine Bedeutung erlangte.5

Die in ihrer Gesamtheit langfristig und komplex, gleichzeitig auch differenzierter realisierten umfangreichen staatlichen Maßnahmen auf allen Ebenen zur vorbeugenden Verhinderung des politischen Missbrauchs der »Friedensdekade 1986« trugen wesentlich dazu bei, dass kirchliche Gremien und Amtsträger ihre Verantwortung für die Einflussnahme und Kontrolle zur weiteren Ausprägung des theologischen und religiösen Gehaltes der »Friedensdekade« sowie zur Unterbindung feindlich-negativer Angriffe gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der DDR besser wahrgenommen haben. (Über die Vorbereitung der »Friedensdekade 1986« war vom MfS in der Information Nr. 500/86 vom 4. November 1986 berichtet worden.) Im Ergebnis dessen ist einzuschätzen:

  • 1.

    Die »Friedensdekade 1986« war insgesamt durch einen weiteren Rückgang des Interesses an dieser Form kirchlicher Arbeit gekennzeichnet. Die wiederholt von kirchlichen Amtsträgern sowie Organisatoren von Veranstaltungen geäußerten Feststellungen, wonach die »Friedensdekade verflacht und ermüdet« sei, wird vor allem begründet mit der zunehmenden Theologisierung der kirchlichen Friedensarbeit und der Notwendigkeit, kirchliche Friedensarbeit nicht kampagnehaft, sondern kontinuierlich zu betreiben.

    (Die von den evangelischen Kirchen in der BRD mitgetragene »Friedensdekade« spielt nach vorliegenden Erkenntnissen dort keine Rolle mehr und ist weitgehend unbekannt.) Die Öffentlichkeitswirksamkeit der »Friedensdekade« in ihrer Gesamtheit ist weiter rückläufig.

  • 2.

    Die bereits im Jahre 1985 erkennbare Tendenz, keine gesonderten Veranstaltungen aus Anlass der »Friedensdekade« durchzuführen, sondern lediglich im Rahmen der traditionellen Gottesdienste und Veranstaltungen inhaltlich darauf Bezug zu nehmen, setzte sich fort.

    Im Mittelpunkt der Veranstaltungen standen – neben religiös geprägten Aussagen, u. a. zum »inneren Frieden« und dem »Frieden in der Familie und im Umgang miteinander« – besonders Fragen der kirchlichen Friedensverantwortung sowie zum Herangehen an die Beurteilung von aktuellen politischen Vorgängen und von Maßnahmen zur Erhaltung des Friedens und der Umwelt. Dabei wurden nach wie vor die bekannten kirchlichen Auffassungen, insbesondere zur Friedens-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik, vertreten. Zunehmend feststellbar war jedoch die Würdigung der konstruktiven Friedenspolitik der sozialistischen Staatengemeinschaft und der einseitigen »Abrüstungsvorleistungen« der Sowjetunion6 bei gleichzeitiger eindeutiger Verurteilung der destruktiven Politik der USA (vor allem der Haltung Reagans7 in Reykjavík)8. Neutralistische Positionen, u. a. mit Forderungen nach einseitigen Abrüstungsschritten der Sowjetunion und der anderen sozialistischen Staaten, traten in den Hintergrund.

    Eingebettet in die jeweiligen Inhalte der Veranstaltungen waren ferner Probleme des Umweltschutzes, der Energiepolitik (Kernenergie), der Bildungs- und Erziehungspolitik sowie die Reiseproblematik. Neue Argumentationslinien/Vorgehensweisen wurden nicht sichtbar.

    (Während der im Zeitraum vom 13. bis 16. November 1986 stattgefundenen Synoden der Evangelisch-Lutherischen Landeskirchen in Thüringen und Mecklenburg sowie der Evangelischen Landeskirche Anhalts wurden nach vorliegenden Hinweisen keine Bezüge zur »Friedensdekade« sichtbar.9)

    Ungeachtet dessen kam es vereinzelt in Kirchengemeinden, vorwiegend in der Hauptstadt der DDR, Berlin, und in weiteren Städten, vor allem dort, wo aktive kirchliche »Friedens-« bzw. »Ökologiegruppen« existieren, reaktionäre kirchliche Amtsträger wirken bzw. wo nicht kirchlich gebundenen feindlich-negativen Personen Möglichkeiten zum Wirksamwerden eingeräumt wurden, zu Veranstaltungen feindlich-negativer Prägung.

  • 3.

    Die Mehrzahl der kirchenleitenden Personen der evangelischen Kirchen in der DDR entwickelte während der »Friedensdekade 1986« keine besonderen Aktivitäten.

    In ihrem Auftreten überwogen realistische oder allgemein bekannte kirchliche Standpunkte zu Teilbereichen der sozialistischen Gesellschaft (letztere nur komplex vorgetragen durch Bischof Forck/Berlin)10, die jedoch nicht vordergründig auf eine mögliche negative Beeinflussung des Verhältnisses Staat-Kirche ausgerichtet waren. Kirchliche Amtsträger wirkten, bis auf wenige Ausnahmen, bei Erfordernis entsprechend den staatlichen Hinweisen unmittelbar regulierend und verändernd auf Inhalt und Verlauf von Veranstaltungen der »Friedensdekade« ein.

  • 4.

    Nach dem MfS vorliegenden Erkenntnissen weist die Beteiligung an der »Friedensdekade 1986« eine weiter rückläufige Tendenz auf. Sie steht in der Regel in keinem Verhältnis zum betriebenen Aufwand und entspricht nicht den Erwartungen der Veranstalter.

    Besonders ausschließlich religiös geprägte Veranstaltungen waren schwach besucht und mussten in Einzelfällen mangels Beteiligung abgesagt werden.

    Die geringe Beteiligung vor allem religiös nicht gebundener Jugendlicher kann – internen Einschätzungen zufolge – darauf zurückgeführt werden, dass deren Erwartungshaltung hinsichtlich politisch brisanter Themen und eines möglichen politischen Missbrauchs der Veranstaltungen von Jahr zu Jahr weniger entsprochen wurde.

    Relativ hohe Teilnehmerzahlen wies dagegen eine Reihe Veranstaltungen feindlich-negativer Prägung auf, darunter jene, in denen hinlänglich bekannte »Liedermacher« oder anderweitig künstlerisch-kulturell tätige Personen einbezogen waren bzw. wo aus Erfahrungen der Vorjahre »politische Attraktivität erwartet« wurde.

    Die in derartigen Veranstaltungen erzielten Wirkungen gingen jedoch über Beifallsbekundungen nicht wesentlich hinaus; in diesem Zusammenhang initiierte Vorhaben nichtreligiösen Charakters durch reaktionäre kirchliche und andere feindlich-negative Kräfte, wie Unterschriftensammlungen zur Unterstützung »oppositioneller« Kräfte, erreichten ebenfalls nicht die erwartete Wirksamkeit.

  • 5.

    Während der diesjährigen »Friedensdekade« wurden im Gegensatz zu zurückliegenden Jahren keine Umweltschutzaktionen (Baumpflanzungen, Reinigungsmaßnahmen und dergleichen) bzw. gleichgelagerte Aktivitäten in der Öffentlichkeit geplant und durchgeführt.

    Vorliegenden Erkenntnissen zufolge ist das u. a. zurückzuführen auf das Nichtvorhandensein diesbezüglicher klarer konzeptioneller Vorstellungen kirchlicher Kräfte, auch infolge der offensiven Weiterführung von Maßnahmen in Durchsetzung der staatlichen Umweltschutzpolitik der DDR.

  • 6.

    Trotz weiter anhaltender Bemühungen der evangelischen Kirchen beteiligte sich die katholische Kirche in der DDR offiziell nicht an der »Friedensdekade«. Territorial unterschiedlich kam es vereinzelt zu ökumenischen Veranstaltungen, insbesondere Friedensgebeten. Wesentliche Impulse für ein stärkeres ökumenisches Zusammenwirken waren nicht erkennbar.

    An der »Friedensdekade 1986« nahmen nur wenige ökumenische Gäste teil. Hervorzuheben sind der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen,11 Emilio Castro12 und der Internationale Direktor der Kathedrale und Diözese Coventry/Großbritannien, Paul Oestreicher.13 Diese Personen traten sachlich auf und vertraten politisch realistische Positionen) zum Teil bis hin zur Entkräftung politisch-negativer Auffassungen von DDR-Bürgern während Veranstaltungen.

    Eine geringe Anzahl weiterer ausländischer Bürger, die an einzelnen Veranstaltungen teilnahm, hatte keinen Einfluss auf Inhalt und Verlauf derselben.

  • 7.

    Die journalistischen Aktivitäten von in der DDR akkreditierten Korrespondenten aus nichtsozialistischen Staaten konzentrierten sich auf Veranstaltungen, die von hinlänglich bekannten feindlich-negativen Kräften organisiert und gestaltet wurden und zu denen zum Teil stabile Verbindungen und Kontakte bestehen, die dazu gezielt genutzt wurden. Im Mittelpunkt stand die Samariterkirche (Pfarrer Eppelmann).14 Alle in der Hauptstadt der DDR, Berlin, realisierten journalistischen Vorhaben dieser Personen waren durch das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR nicht genehmigt worden.

    (Die Publizierung von Informationen über die »Friedensdekade 1986« der evangelischen Kirchen in der DDR in den westlichen Massenmedien erfolgte jedoch zurückhaltender als in den vergangenen Jahren.)

Obwohl die durch feindlich-negative Inhalte geprägten Veranstaltungen im Vergleich zur Gesamtheit zahlenmäßig gering und – in Fortsetzung der Tendenz von 1985 – nicht typisch für die »Friedensdekade 1986« waren, stellen sie einen erheblichen politischen Missbrauch derselben dar. Die Bedingungen dafür schufen u. a. wesentlich solche auf reaktionären kirchlichen oder feindlich-negativen Positionen stehende Personen wie die Pfarrer Eppelmann/Berlin, Stauss/Magdeburg,15 Werdin/Spremberg,16 Fischer/Zittau,17 Friedrich/Eisenach,18 Wonneberger/Leipzig,19 Richter/Naumburg,20 Pastorin Lux/Naumburg21 bzw. Heiko Lietz/Güstrow,22 aber auch weitere, auf verfestigten pseudopazifistischen und politisch-negativen Positionen stehende langjährige Organisatoren und aktive Mitwirkende der »Friedensdekade«.

In derartigen Veranstaltungen wurden – in der Regel verbunden mit einer massiven Verleumdung der Politik von Partei und Regierung der DDR – unter anderem Forderungen erhoben nach

  • Abschaffung des Wehrunterrichtes an den Schulen23 sowie Einrichtung eines »sozialen Friedensdienstes«24 als Alternative für den Wehrdienst (dessen generelle Ablehnung propagiert wurde),

  • Intensivierung der Eingabetätigkeit an staatliche Organe und gesellschaftliche Einrichtungen, insbesondere zu den »Problemfeldern« Bildungs-, Energie- und staatliche Umweltschutzpolitik,

  • Praktizierung eines wirksamen sogenannten gewaltlosen Widerstandes.

Im Zusammenhang mit Diskussionen um Festlegungen der DDR über den Reiseverkehr wurden der Partei und Regierung Einschränkungen der persönlichen Freiheit bzw. der Menschenrechte von Bürgern der DDR unterstellt.

In Auswertung des Verlaufes der »Friedensdekade 1986« wird in diesem Zusammenhang nachfolgend auf ausgewählte beachtenswerte Probleme verwiesen, auf die sich die gesamtgesellschaftlichen Maßnahmen zur weiteren Zurückdrängung des politischen Missbrauchs der Kirchen konzentrieren sollten:

Den territorialen Schwerpunkt der »Friedensdekade 1986« stellten die Kirchengemeinden in der Hauptstadt der DDR, Berlin, dar und unter diesen erneut die Samaritergemeinde in Berlin Friedrichshain mit Pfarrer Eppelmann. In der Samariterkirche – die sich nach vorliegenden Einschätzungen weiter als Sammelpunkt oppositioneller und politisch-negativer Personen profilieren konnte – fanden fast täglich Veranstaltungen statt, die teilweise offen provokatorisch angelegt waren. (Die Samariterkirche war im Zeitraum der »Friedensdekade« mit ca. 2 500 Teilnehmern die meistbesuchte Kirche in der Hauptstadt.) Dazu trugen nicht unwesentlich die Auftritte von auf politisch negativen Positionen stehenden, künstlerisch oder schriftstellerisch tätigen Personen bei (u. a. das Ehepaar Krawczyk25/Klier,26 Barbara Thalheim,27 Gabriele Eckart)28, aber auch das Verhalten und die Äußerungen von Eppelmann. Während eines Gottesdienstes bezeichnete er die gegenwärtige Lage in der DDR als »Zustand ohne Krieg« und »Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln«, unterstellte der DDR, Menschen zu verfolgen, zu diskriminieren und einzusperren und forderte die Anwesenden dazu auf, »Sand im Getriebe« zu werden, um diesen »Zustand« zu beenden. In diesem Sinne legte er auch die These aus: »Frieden schaffen bedeutet Kampf«.

Zur »Unterstützung« der Veranstaltungen dienten in der Samariterkirche angebrachte Texttafeln mit politisch-negativen Aussagen (z. B. beinhaltete eine mit »Qual der Wahl« überschriebene Tafel eine Gegenüberstellung der Ergebnisse der Stimmenauszählung bei der zurückliegenden Wahl29 in den Wahllokalen des WBA 6 – Friedrichshain – mit in der Presse der DDR veröffentlichten Zahlen, während eine weitere Tafel »Hinweise zu den nächsten Wahlen« gab, wie man einen Wahlschein ungültig machen könne).

In Einzelfällen gestalteten Exponenten politischer Untergrundtätigkeit in ihnen durch Kirchengemeinden zur Verfügung gestellten Räumen Veranstaltungen ohne jeden religiösen Bezug.

So wurde u. a. unter Leitung der hinlänglich bekannten Wolfgang Templin30 und Peter Grimm31 am 14. November 1986 in der Gethsemane-Gemeinde in der Hauptstadt der DDR, Berlin, ein »Abend über die Friedensgruppen in Polen und der ČSSR …« durchgeführt.

Die konterrevolutionären Organisationen und Gruppen »Solidarność«32 und »Charta 77«33 wurden dort als bedeutende Bürgerrechtsbewegungen bezeichnet; ihre Aktivitäten und ihre politischen Ziele wurden propagiert.

Gezielt wurden durch die Organisatoren von Veranstaltungen zur »Friedensdekade« künstlerisch oder schriftstellerisch tätige Personen eingeladen. Bei diesen Personen handelt es sich bis auf wenige Ausnahmen ausschließlich um wegen ihrer politischen und künstlerischen Auffassungen und Aussagen in Konflikt mit der sozialistischen Gesellschaft geratene Kräfte, die unnachsichtig, störrisch und zum Teil bereits auf verfestigten politisch-negativen Positionen stehend nicht bereit sind, sich diesbezüglich zu korrigieren. Daher sehen sie selbst immer mehr die Kirchen als ihr »Podium der Öffentlichkeit« an. In diesem Zusammenhang sind zu nennen das Ehepaar Freya Klier/Stephan Krawczyk, Karl-Heinz Bomberg34 und Barbara Thalheim, die mit Musik/Text-Beiträgen auftraten sowie die Schriftsteller Gabriele Eckart und Lutz Rathenow.35 Diese Personen nutzten die ihnen gebotenen Möglichkeiten, um ihre gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichteten Auffassungen öffentlich kundzutun.36

Besonders intensiv traten dabei Klier/Krawczyk und Bomberg in Erscheinung. Klier/Krawczyk traten in Veranstaltungen in der Hauptstadt der DDR, Berlin, (13. und 14. November 1986), in Naumburg, [Bezirk] Halle (11. November 1986), in Karl-Marx-Stadt37 (17. November 1986), in Zittau, [Bezirk] Dresden (18. November 1986) und Jüterbog, [Bezirk] Potsdam (19. November 1986) auf.

Das von Klier/Krawczyk dabei gestaltete Programm »Pässe und Parolen – ein Farcen-Abend für Personen, Konserven und Konsumartikel« ist nach vorliegenden internen Einschätzungen eindeutig auf die Diffamierung der Einschätzungen/Beschlüsse des XI. Parteitages ausgerichtet und enthält provokatorische und herabwürdigende Aussagen, u. a. zu den auf dem XI. Parteitag beschlossenen sozialökonomischen Maßnahmen ( u. a. würden junge Mütter zu »Gebärmaschinen« degradiert und der Kreißsaal zum »Kampffeld für den Frieden«; das sozialpolitische Programm der SED werde auf Kosten der Rentner und ehemaligen Trümmerfrauen realisiert)38, zur ökonomischen Entwicklung, zur Bildungspolitik, zu Problemen der Zivilverteidigung39 und des sozialistischen Wettbewerbs.40

Darüber hinaus wird die Arbeit der sozialistischen Sicherheitsorgane diskreditiert und angegriffen.

Im engen Zusammenwirken der zuständigen Organe wurde jeweils sofort auf Handlungen des politischen Missbrauchs im Zusammenhang mit der »Friedensdekade 1986« auf Angriffe gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung sowie auf die Verletzung zwischen Staat und Kirche konkret getroffener Festlegungen reagiert, und es wurden differenzierte Maßnahmen eingeleitet, um vorbeugend weitere politisch negative Aktivitäten zu verhindern und die Einhaltung des kirchlichen Charakters der Veranstaltungen zu gewährleisten.

Gegenüber dem Vorjahr wurde diese unmittelbare Einflussnahme im Zeitraum der »Friedensdekade« weniger notwendig.

Durch das MfS wurde im Rahmen der Informationstätigkeit an leitende Partei- und Staatsfunktionäre auf Bezirksebene aktuell über Inhalt und Verlauf der »Friedensdekade 1986« berichtet.

Es wird vorgeschlagen, dass im Interesse der Gewährleistung der kontinuierlichen und zielstrebigen Fortsetzung der offensiven politischen Einflussnahme auf die kirchenleitenden Kräfte und Gremien der evangelischen Kirchen in der DDR der Staatssekretär für Kirchenfragen der DDR, Genosse Gysi,41 während der für Dezember 1986 vorgesehenen Dienstberatung mit den Stellvertretern der Räte der Bezirke für Inneres und den Referenten für Kirchenfragen bei den Räten der Bezirke auf der Grundlage vorliegender Information Verlauf, Inhalt und Ergebnisse der »Friedensdekade 1986« auswertet. Er sollte darauf orientieren, dass in weiterer Auswertung der »Friedensdekade« mit kirchenleitenden Kräften und Gremien in den jeweiligen Verantwortungsbereichen die bekannt gewordenen politischen Missbrauchshandlungen entschieden zurückgewiesen und die innerkirchliche Disziplinierung dafür verantwortlicher kirchlicher Amtsträger energischer und konsequenter realisiert werden. Bezüglich des politisch-negativen Auftretens genannter künstlerisch und schriftstellerisch tätiger Personen in kirchlichen Einrichtungen sollte unmissverständlich die staatliche Erwartungshaltung zum Ausdruck gebracht werden, künftig den kirchlichen Handlungsraum dafür nicht mehr zur Verfügung zu stellen.

Es wird ferner vorgeschlagen, den Minister für Kultur der DDR in geeigneter Weise über das Auftreten von künstlerisch und schriftstellerisch tätigen Personen im kirchlichen Handlungsraum in Kenntnis zu setzen.

Die Information ist wegen Quellengefährdung nur zur persönlichen Kenntnisnahme bestimmt.

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    2. Dezember 1986
    Information Nr. 538/86 über die Herbstsynoden der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen, der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburg und der Evangelischen Landeskirche Anhalts

  2. Zum vorherigen Dokument Treffen Zentralkomitee der deutschen Katholiken mit DDR-Klerikern

    27. November 1986
    Information Nr. 535/86 über eine Zusammenkunft leitender Mitglieder des »Zentralkomitees der deutschen Katholiken« (ZdK)/BRD mit Bischöfen und weiteren Klerikern aus der DDR am 5. November 1986 in der Hauptstadt der DDR, Berlin