Direkt zum Seiteninhalt springen

Vorkommnisse mit Angehörigen der GSSD (2)

22. August 1986
Information Nr. 396/86 über durch Angehörige der GSSD verursachte Vorkommnisse im Zeitraum seit dem 4. August 1986

Nachstehend wird über bedeutsame, durch Angehörige der GSSD verursachte Vorkommnisse informiert, die – Einzelfälle betreffend – zu ernsten Gefährdungen von Leben und Gesundheit von Bürgern der DDR bzw. zu erheblichen Gefahrensituationen geführt haben:

Am 20. August 1986, gegen 13.00 Uhr, und am 21. August 1986, gegen 17.45 Uhr, kam es während eines Übungsschießens auf dem Schießplatz der GSSD Beutel-Tangersdorf, Kreis Templin, Bezirk Neubrandenburg, zum Einschlag von jeweils zwei Geschossen – Splittersprenggranaten Kaliber 122 mm – ca. 600 m außerhalb der Schießplatzbegrenzung in der Ortslage Tangersdorf ca. 15 m neben dem Betriebsferienlager des VEB Lacke und Farben Berlin (das zurzeit mit 18 Kindern aus der VR Polen, 52 Kindern aus der DDR und 21 Erziehern belegt ist, die sich zum Zeitpunkt des Einschlages nicht im Lager befanden und nach ihrer Rückkehr bis zur Beräumung der Einschlagstelle in einem anderen Objekt untergebracht werden mussten) bzw. in einem ca. 400 m außerhalb von Tangersdorf gelegenen Waldgebiet sowie in der Ortslage Annenwalde, ca. 100 m bzw. 1 000 m hinter der Ortslage in Richtung Densow, jeweils in einem abgeernteten Getreidefeld.

Vertreter der Kommandantur der GSSD Prenzlau sowie der örtlichen Partei- und Staatsorgane waren am Ereignisort.

Für den 22. August 1986, 10.00 Uhr, ist im VPKA Templin eine gemeinsame Beratung von Vertretern der örtlichen Partei- und Staatsorgane mit Vertretern der GSSD, Garnison Prenzlau, dem Kommandeur des Schießplatzes und einem Vertreter der operativen Gruppe der GSSD Vogelsang vorgesehen, um Maßnahmen zur Verhinderung weiterer derartiger schwerer Vorkommnisse zu erörtern.

(Bereits am 4. Juli 1986, gegen 11.30 Uhr, war im Gelände dieses Kinderferienlagers in Tangersdorf – das zu diesem Zeitpunkt nicht belegt war – ein Geschoss, Kaliber 25 mm, Länge 15 cm, auf einen betonierten Gehweg geprallt und in der Folge in das Schilfdach einer Scheune eingeschlagen.

Siehe dazu Information des MfS Nr. 361/86 vom 4. August 1986)

Weitere schwerwiegende Vorkommnisse

Am 5. August 1986 wurde bekannt, dass in der Zeit vom 1. August 1986, 10.00 Uhr, bis 4. August 1986, 7.00 Uhr, unbekannte Angehörige der GSSD in eine Raumzelle und einem Lagerschuppen des Wohnungsbaukombinates Potsdam, Betriebsteil Brandenburg, im Gelände der GSSD, Garnison Wünsdorf, gewaltsam eingebrochen waren und zum Nachteil des sozialistischen Eigentums ein Bolzenschussgerät (Typ 5012, Nr. 223167), 200 Kartuschen, 120 Rollen Tapete sowie diverse Werkzeuge und Türschlösser entwendeten.

Der Sachschaden beträgt ca. 3 000 Mark. Die Unterkünfte für die Bauarbeiter (Wohnungsbau für die GSSD) und die Lager an der Baustelle befinden sich im bewachten Sperrgebiet der GSSD.

Der Militärstaatsanwalt der GSSD war bereits am 4. August 1986 am Ereignisort. Die Kommandantur der GSSD Wünsdorf erhielt Kenntnis von den Diebstahlshandlungen.

Am 6. August 1986 wurde bekannt, dass sich gegen 7.40 Uhr eine zunächst unbekannte männliche Zivilperson im Kreis Wolgast, Bezirk Rostock, am Streckenkilometer 207.7 der Eisenbahnstrecke Berlin – Wolgast vor den fahrenden D-Zug 1713 (Berlin – Wolgast) geworfen hat, überrollt und dabei tödlich verletzt worden war.

Augenzeugen zufolge war die Person aus dem dort befindlichen – unmittelbar an der Eisenbahnstrecke gelegenen – Waldgelände gekommen und warf sich unmittelbar vor den in voller Fahrt befindlichen D-Zug auf die Schienen. Es bestanden keinerlei Möglichkeiten, ein Überrollen durch Schnellbremsung zu verhindern.

Bei der am 7. August 1986 im Gerichtsmedizinischen Institut Greifswald durchgeführten Sektion der Leiche wurden am Körper eine ca. 12 mm breite Stichverletzung an der linken Brustseite und im linken Lungenlappen zwei Einstiche festgestellt, die sich – nach Einschätzung der Gerichtsmediziner – die Person selbst zugefügt hatte.

Am 10. August 1986 wurde der Leichnam zweifelsfrei als der des Angehörigen der GSSD, Garnison Prenzlau, [Name 1, Vorname], geboren 1. Mai 1959, durch Vertreter der GSSD, Garnison Prenzlau, identifiziert.

[Name 1] war am 5. August 1986, gegen 21.00 Uhr, letztmalig in der Garnison Prenzlau gesehen worden.

Am 7. August 1986, gegen 1.30 Uhr, erfolgte im Zuge der seit dem 2. August 1986, 18.00 Uhr, laufenden Fahndungsmaßnahmen durch Kräfte der Hafenpolizei des Überseehafens Rostock beim Versuch des Betretens des Überseehafens die Festnahme der in Zivilkleidung befindlichen Angehörigen der GSSD, Soldat [Name 2, Vorname] und Sergeant [Name 3, Vorname].

(Beide Personen führten je ein Fahrrad mit.)

Ein weiterer sich in ihrer Begleitung befindlicher Angehöriger der GSSD konnte sich zunächst durch die Flucht der Festnahme entziehen und wurde im Ergebnis der eingeleiteten Suchmaßnahmen gegen 5.45 Uhr in unmittelbarer Nähe des Überseehafens Rostock festgenommen. Bei ihm handelt es sich um den Untersergeanten [Name 4, Vorname] (19).

Die drei Angehörigen der GSSD waren seit dem 1. August 1986, 24.00 Uhr, vom Schießplatz in Schweinrich der Garnison Schweinrich, Kreis Wittstock, Bezirk Potsdam, in Uniform (ohne Waffen) abgängig.

Die zuständige Garnison der GSSD und die Militärstaatsanwaltschaft erhielten Kenntnis.

Nach Vernehmung der Festgenommenen durch die Deutsche Volkspolizei und den zuständigen Militärstaatsanwalt erfolgte noch am 7. August 1986 die Übergabe an die zuständigen Organe der GSSD, Garnison Schweinrich, zur weiteren Bearbeitung in eigener Zuständigkeit.

Verkehrsunfälle

Am 5. August 1986, 11 .50 Uhr, ereignete sich auf der Nebenstrecke der Deutschen Reichsbahn Jüterbog – Zossen, Bezirk Potsdam, am unbeschrankten Bahnübergang bei km 15,5 in Kummersdorf-Gut (Zufahrtsstraße zum Objekt der GSSD) ein Zusammenstoß zwischen dem Personenzug Jüterbog – Zossen und einem NKW der GSSD, Typ Kamas, Kennzeichen 29 – 09 KL (deutsch) der Garnison Kummersdorf. Ursächlich für den Zusammenstoß war das verkehrswidrige Handeln des Fahrers des NKW, Soldat [Name 5, Vorname], geboren am 25. Januar 1967, der ein am Bahnübergang befindliches Verkehrszeichen »Halt – Vorfahrt gewähren« missachtet hatte. Infolge des Unfalles wurde eine zu dieser Zeit am Bahnübergang wartende Staatsbürgerin der UdSSR vom NKW erfasst und verletzt. Sie wurde durch Angehörige der GSSD in ein Hospital gebracht. Es entstand ein Sachschaden von ca. 3 000 Mark, davon 1 000 Mark am Triebfahrzeug der Deutschen Reichsbahn.

Die Nebenstrecke der Deutschen Reichsbahn musste bis 13.42 Uhr gesperrt werden, wodurch für zwei Reisezüge Verspätungen von ca. 75 Minuten eintraten.

Am 5. August 1986, gegen 13.00 Uhr, kam es auf der Fernverkehrsstraße 167 in der Ortslage Grieben, Kreis Gransee, Bezirk Potsdam, zu einem schweren Verkehrsunfall ohne schuldhafte Beteiligung des Fahrers des NKW der GSSD vom Typ Kamas, Kennzeichen 96 – 71 EK (deutsch), [Name 6, Vorname], Garnison Perleberg, Bezirk Schwerin, indem eine in Grieben wohnhafte Schülerin (acht Jahre) beim unaufmerksamen Überqueren der Fahrbahn in der Dorfstraße Nr. 25a vom NKW erfasst und mit lebensgefährlichen Verletzungen in das Bezirkskrankenhaus Neuruppin eingeliefert wurde.

Vertreter der Kommandantur der GSSD Fürstenberg befanden sich am Ereignisort.

Am 12. August 1986, gegen 3.00 Uhr, ereignete sich auf der Fernverkehrsstraße 87 zwischen Lübben und Neuendorf, Bezirk Cottbus, in der Nähe der Autobahnauffahrt Duben (Richtung Berliner Ring) ein Verkehrsunfall mit Alleinbeteiligung eines in einer Marschkolonne der GSSD, Garnison Halle, mitfahrenden Tankwagens, der aus zum Zeitpunkt des Unfalls nicht bekannten Umständen umkippte, wodurch das mit 8 000 Liter Kerosin beladene Fahrzeug in Brand geriet.

Der Fahrer des Tankfahrzeuges, namentlich nicht bekannt, erlitt tödliche Verletzungen. Von den 8 000 Liter Kerosin sind ca. 4 000 Liter aus dem Tank ausgelaufen und teilweise verbrannt. Der Brand konnte gegen 3.40 Uhr gelöscht werden.

Die F-87 musste bis zur Beräumung der Unfallstelle zwischen der Autobahnauffahrt Duben und der Kreisstadt Lübben gesperrt werden. Die weitere Bearbeitung erfolgt in eigener Zuständigkeit der GSSD mit Unterstützung durch die Deutsche Volkspolizei des VPKA Lübben.

Am 11. August 1986, gegen 5.30 Uhr, ereignete sich auf der Fernverkehrsstraße 184 in Höhe des Schenkenberges, Ortsteil Rödgen der Kreisstadt Delitzsch, Bezirk Leipzig, ein schwerer Verkehrsunfall. Der Fahrer des NKW der GSSD, Kennzeichen 54 – 24 AB (deutsch), Soldat [Name 7, Vorname] (19), geboren 11. Mai 1967, Garnison Werder, [Bezirk] Potsdam, kam beim Befahren der dort befindlichen Brücke aus unbekannten Gründen von der Fahrbahn ab, durchbrach das Brückengeländer und stürzte mit dem Fahrzeug auf den darunter befindlichen Eisenbahngleiskörper der Hauptmagistrale Leipzig – Berlin.

Durch den Absturz des NKW wurden ca. 100 m Fahrleitungsdraht abgerissen und ein Fahrleitungsmast umgestoßen. Die Eisenbahnstrecke zwischen Bitterfeld und Leipzig musste bis gegen 11.35 Uhr gesperrt werden, wodurch 21 Reisezüge und drei Güterzüge zum Teil erhebliche Verspätungen erhielten.

Der Fahrer des NKW wurde schwer verletzt in das Kreiskrankenhaus Delitzsch eingeliefert. Vertreter der Kommandantur der GSSD Leipzig waren am Unfallort.

Am 13. August 1986, gegen 17.15 Uhr, befuhr der Soldat der GSSD, Garnison Schwerin, [Name 8, Vorname], geboren am 14. Mai 1966, mit dem NKW, Kennzeichen 23 – 69 (deutsch), in Schwerin die Kreuzung Gadebuscher Straße/Kurt-Bürger-Straße.1 Aufgrund Nichtbeachtung der Vorfahrt stieß er mit einem Pkw, Typ »Skoda« frontal zusammen, wodurch von den fünf Insassen des Pkw – sämtlich DDR-Bürger – der Fahrer tödlich und vier Mitfahrer zum Teil schwere Verletzungen erlitten.

Am Pkw entstand ein Sachschaden in Höhe von 6 000 Mark.

Vertreter der Garnison der GSSD Schwerin befanden sich am Unfallort.

Am 15. August 1986, gegen 20.50 Uhr, verursachte in Erfurt, Kreuzung Binderslebener Straße/Heinrichstraße der Fahrer des NKW der GSSD, Typ Kamas, Kennzeichen 07 – 60 WA (deutsch), Soldat [Name 9, Vorname] (19), Garnison der GSSD Ohrdruf, durch Nichtbeachten der Vorfahrt einen schweren Verkehrsunfall, indem er quer auf einen mit Fahrgästen besetzten Straßenbahnwagen aufprallte, wodurch dieser umstürzte. Von den Fahrgästen erlitten neun DDR-Bürger und zwei Angehörige der GSSD Verletzungen. Sie wurden zur medizinischen Versorgung in die Medizinische Akademie Erfurt eingeliefert. Der Sachschaden beläuft sich auf 200 000 Mark, davon 150 000 Mark an der Straßenbahn.

Die Untersuchungen ergaben, dass [Name 9] der beim Unfall schwere Verletzungen erlitt – den NKW unter Alkoholeinfluss (2,1 ‰) fuhr.

Auch der Beifahrer, [Name 10, Vorname] (21) – der leicht verletzt wurde – stand unter Alkoholeinfluss (1,9 ‰).

Vertreter der Garnison der GSSD Erfurt und der zuständigen Militärstaatsanwaltschaft befanden sich am Unfallort.

(Insgesamt wurden im Zeitraum vom 1. Januar 1986 bis 31. Juli 1986 durch Angehörige der GSSD 816 (Vorjahreszeitraum 791) Verkehrsunfälle schuldhaft verursacht, in deren Folge 16 (14) DDR-Bürger getötet und 194 (215) DDR-Bürger verletzt wurden sowie ein an den Unfallorten geschätzter materieller Schaden in Höhe von 2,45 Millionen Mark entstand.

Im gleichen Zeitraum wurden bei 186 (144) durch Bürger der DDR schuldhaft verursachten Verkehrsunfällen drei (zwei) Angehörige der GSSD bzw. deren zeitweilig in der DDR aufenthältlichen Familienangehörigen getötet und 40 (35) verletzt. Der an den Unfallorten geschätzte Sachschaden beläuft sich auf ca. 580 000 (470 000) Mark.)

  1. Zum nächsten Dokument Vorschlag zum Schreiben des Superintendenten aus Zossen

    [ohne Datum]
    Vorschlag hinsichtlich des Vorgehens im Zusammenhang mit der Beantwortung eines Schreibens des Superintendenten des Kirchenkreises Zossen, [Bezirk]Potsdam, Dr. Furian, an den Botschafter der UdSSR in der DDR [K 3/76]

  2. Zum vorherigen Dokument Mobiles Friedensseminar und Mecklenburgische Friedenswanderung

    21. August 1986
    Information Nr. 386/86 über Inhalt und Verlauf des »V. mobilen Friedensseminars« und der »Mecklenburgischen Friedenswanderung 86« im Bereich der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs