Waldzustand in der DDR
[ohne Datum]
Hinweis zur gegenwärtigen Situation des Waldzustandes auf dem Territorium der DDR, zur Wirksamkeit bisher eingeleiteter Maßnahmen bei der Waldpflege und zur Schaffung von Ordnung und Sauberkeit in Schwerpunktgebieten [K 1/166]
Durch die Forstwirtschaft der DDR werden gegenwärtig große Anstrengungen zur Verbesserung des Gesamtzustandes der Wälder unternommen. Die Grundlage dafür bilden u. a. Beschlüsse des Politbüros des ZK der SED vom 24. Juni 1986 bzw. des Ministerrates vom 26. Juni 1986 über die »Aufgaben der Forstwirtschaft zur Sicherung der Produktion von Roh-Holz, zum Schutz der Waldbestände und zur weiteren Verbesserung der landeskulturellen Leistungen des Waldes – Erhaltung und Schutz der Wälder«.1
Diese Beschlüsse resultieren insbesondere aus der Tatsache, dass seit einigen Jahren eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Baumbestände in einigen Waldgebieten der DDR zu verzeichnen ist.
So erhöhte sich im Zeitraum von 1983 bis Anfang 1986 die immissionsgeschädigte Waldfläche der DDR um 165 000 ha auf insgesamt 522 000 ha (das sind rund 19 % der Gesamtwaldfläche der DDR).
Dabei handelt es sich vorwiegend um verstärkte Immissionsschäden bereits bekannter Art durch Schwefeldioxid (SO2) und ähnliche Luftschadstoffe in den Kammlagen des Ost- und mittleren Erzgebirges sowie in Waldgebieten der Bezirke Cottbus, Leipzig und Halle; neuartige Schädigungsformen an Waldbeständen durch Stickoxyde, Ozon, Schwermetalle, stickstoffhaltige Abprodukte und Salze oder deren Umwandlungsprodukte, die vorwiegend Hochtemperaturprozessen in der Industrie und den durch den Kraftverkehr entstehenden Abgasen entstammen.
(Die letztgenannten neuartigen Schäden werden im Thüringer Wald auf einer Fläche von 40 000 ha sowie in geringerem Umfang im Harz und Westerzgebirge sichtbar. Insbesondere in den oberen Lagen des Thüringer Waldes sind etwa 3 000 bis 5 000 ha so stark geschädigt, dass sie in den nächsten zwei bis drei Jahren kahlgeschlagen werden müssen. Auch im Gebiet der Südabdachung des Flämings und der Nordseite der Dübener Heide sowie in weiteren Gebieten der Bezirke Frankfurt/Oder, Cottbus, Potsdam, Leipzig, Halle und Magdeburg wurden auf einer Fläche von etwa 80 000 ha solche neuartigen Schädigungsformen registriert.)
Erheblichen Einfluss auf den geschilderten Gesundheitszustand der Wälder haben darüber hinaus aufgetretene Frost – und Trockenschäden sowie der nachfolgende Pilz- und Schadinsektenbefall (besonders in den Waldgebieten der Bezirke Potsdam, Frankfurt/Oder, Leipzig, Halle und Magdeburg).
Hinzu kamen darüber hinaus Windbruchschäden durch stärkere Stürme zu Jahresbeginn 1986 mit einem Schadensumfang von über 800 000 m3 Windbruch und Windwurf – besonders in den Wäldern der Bezirke Suhl, Erfurt, Dresden, Magdeburg und Rostock.
Im Zusammenhang mit eingeleiteten und darüber hinaus notwendigen Maßnahmen zur wesentlichen Verbesserung der geschilderten Situation sowie zur langfristigen Lösung der daraus resultierenden Probleme des Waldbestandes der DDR ist jedoch besonders zu beachten, dass die Arbeitskräftesituation in der Forstwirtschaft der DDR zur Beseitigung dieser Schäden und zur Aufarbeitung bzw. zur Abfuhr des Holzes gegenwärtig sehr angespannt ist.
So erforderte die ständig steigende Bereitstellung von Roh-Holz für die Schnittholz-, Zellstoff- und Papierindustrie, für die Herstellung von Span- und Faserplatten sowie für den Export in das NSW den Einsatz aller verfügbaren Kräfte und Reserven. Demzufolge konnten notwendige Maßnahmen zur Beseitigung von Bruch- und Dürr-Holz sowie von Abfuhrresten noch nicht im erforderlichen Umfang durchgeführt werden.
Im Verlauf des Jahres 1986 verstärkt notwendige Aufforstungsmaßnahmen auf ca. 21 990 ha (erreichter Stand per 30.6.1986 21 370 ha) mit leistungsfähigen Baumarten sowie Jungbestandspflege auf 42 000 ha (erreichter Stand per 30.6.1986 17 000 ha) haben weitere zusätzliche Kapazitäten der Forstwirtschaft gebunden. Die Aufforstungsarbeiten haben sich trotz der Einsätze der Bevölkerung, von Kräften der Landwirtschaft und der FDJ im Rahmen der Aktion »Gesunder Wald« witterungsbedingt bis Mitte Juni 1986 hingezogen.
Weiter belastend wirkten die territorial differenziert in den letzten Monaten aufgetretenen Transportprobleme bei der Abfuhr des Holzes durch die Deutsche Reichsbahn. Bisher war durchschnittlich täglich nur eine Waggonbereitstellung zwischen 85 und 95 % gesichert.
(Das bedeutet, dass im Juni 1986 4 600 Waggons nicht bereitgestellt wurden, das entspricht einer Abfuhrkapazität von 90 000 m3 Holz = 10 % der im Juni 1986 eigentlich abzufahrenden Menge.)
Zur Verbesserung des Waldzustandes in der DDR wurde auf der Basis der eingangs genannten Beschlüsse ein Maßnahme-Plan des Ministeriums für Land –, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft (MLFN), HA Forstwirtschaft erarbeitet, der die notwendigen Maßnahmen mit konkreter Terminstellung und Verantwortlichkeit festlegt.2
So ist die Räumung und Abfuhr des Bruch- und Dürrholzes, einschließlich der Aufbereitungs-, Rücke-3 und Abfuhrreste sowie Altlagerbestände aus allen über 40-jährigen Waldbeständen, verbunden mit einer ordentlichen Nachweisführung zu Ordnung und Sauberkeit in den Wäldern von den Revieren der Staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe bis zum MLFN bis 31. Dezember 1986 zu gewährleisten. Nach bisherigen Feststellungen befanden sich Ende Juni 1986 60 % der Waldfläche der DDR (1,5 Mio. ha) in einem sauberen Zustand.
Es sind noch 942 000 m3 Bruch und Dürr-Holz – vor allem in den über 40-jährigen Beständen – aufzuarbeiten, woran zügig gearbeitet wird.
In Erholungsschwerpunkten, Kurorten, Wassereinzugsgebieten und an Transitstrecken werden diese Maßnahmen der Waldpflege sowie der Schaffung von Ordnung und Sauberkeit unter besonderer Kontrolle des MLFN, des VEB Forstprojektierung Potsdam und der Abteilungsleiter Forstwirtschaft der Räte der Bezirke genommen.